LESERINNENBRIEFE
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Zwischen Kindern und Karriere

■ betr.: „Vereinbarkeit. Die Familien-Offensive“, taz vom 21. 6. 14

Der Artikel lässt hoffen. Jahrelang haben uns auch die taz-Journalistinnen mit meist keinem, höchstens aber einem Kind, die vollzeiterwerbstätige Frau, die Karriere macht und dabei nebenbei noch ein, zwei, drei Kinder erzieht, als einzig akzeptables Zukunftsmodell weisgemacht. Wer mehr Zeit bei seinen Kindern verbringen wollte, gehörte einfach (zum Beispiel finanziell) abgestraft.

Mit diesem Artikel ist die taz Gott sei Dank in der Realität der Mehrheit der Mütter und Väter angelangt. Kinder lassen sich trotz Kinderhort und Ganztagsschule nicht so einfach nebenbei erziehen, und vielen Müttern und Vätern fällt der Spagat zwischen Kindern und Karriere so schwer, dass sie sich gegen eines von beidem entscheiden, früher eher gegen die Karriere, heute eher gegen (mehr) Kinder.

Diese Probleme sind nicht neu, aber in öffentlichen Debatten wurden sie einfach nicht beachtet und somit indirekt verleugnet. Frauen, die im Müttermanifest mehr Zeit für ihre Kinder forderten, wurden der Naziideologie verdächtigt – so geschehen auf der Bundesversammlung der Grünen im Mai 1987.

Hoffentlich ist der sich andeutende öffentliche Gesinnungswandel nicht nur dem demografischen Wandel geschuldet.

BIRGIT SCHMIDT, Kerpen

Ganz schön aktiv

■ betr.: „Wissensnetze. Bürgerwissenschaft in der Nische“, taz vom 19. 6. 14

Wie schön, dass die taz über Wissenschaftsläden berichtet. Wie schade, dass der Artikel leider nicht ganz richtig ist: Wir von basis.wissen.schafft e.V. versorgen die anderen Pionierprojekte nicht mit Wissen – davon haben sie selbst genug, vor allem die Gärtner_innen. Wir wollen Wissen ins Rollen bringen und zur Vernetzung der Pionierprojekte beitragen. Wir sind natürlich nicht die Informationsgeber für die anderen Pionierprojekte, sondern streben danach, die Projekte informell zu verbinden, um mit einer Stimme nach außen sprechen zu können.

Und wir haben unseren Wissenscontainer nicht abgegeben, weil er uns gekündigt wurde, sondern weil wir ihn uns finanziell nicht mehr leisten konnten. Er wurde uns in keiner Weise durch das Standortmanagement gekündigt.

Anders als im Artikel dargestellt, sind die deutschsprachigen Wissenschaftsläden ganz schön aktiv, wie man am Wochenende bei unserem Treffen in Potsdam erleben konnte.

KATRIN SCHWAHLEN, DANY KROHNE,

basis.wissen.schaft e.V., Berlin

Taktlos und schwer erträglich

■ betr.: „Darwin Award. Zum Helmkauf ohne Helm: Radlerin tot“, taz vom 20. 6. 14

Der Darwin Award wird laut Wikipedia an Menschen verliehen, die sich versehentlich selbst töten und dabei ein besonderes Maß an Dummheit zeigen.

Einen tragischen tödlichen Fahrradunfall so zu überschreiben, nur weil das Unfallopfer unterwegs war, um einen Helm zu kaufen, ist taktlos und schwer erträglich. Ich kann nichts Dummes daran erkennen, mit dem Fahrrad zum Helmkaufen zu fahren. Eher schon daran, eine dpa-Meldung unreflektiert abzudrucken.

FLORIAN SCHÖNBECK, München

So geheim wie irgend möglich

■ betr.: „Bankdaten sollen über den Teich gehen“, taz vom 21. 6. 14

Da wundern sich Politiker aller Couleur über den Zuwachs an rechten Parteien oder Gruppierungen im Europaparlament, die Europa ablehnen und/oder über die geringe Wahlbeteiligung bei der Europawahl. Und immer wieder zeigt sich, dass sie nichts aber auch gar nichts gelernt, beziehungsweise begriffen haben.

Nicht nur das unsägliche, undemokratische Gezerre um den Kommissionspräsidenten verleidet jedem europäischen Bürger die Zustimmung zu Europa, sondern, wie nun wieder geleakt, die Geheimverhandlungen, ob über die Freihandelsabkommen mit Kanada, den USA oder jetzt die geheimen Verhandlungen mit den USA über eine „umfassende Liberalisierung von Dienstleistungen“.

Allem Anschein nach ist es absolut unwichtig, oder sogar lästig, demokratische Strukturen für Europa endlich auf den Weg zu bringen.

Das entlarvt alle Sonntagsreden der Politiker hüben wie drüben, die immer wieder gebetsmühlenartig die Demokratie beschwören, ihr Handeln aber über Geheimverhandlungen jeder demokratischen Kontrolle entziehen wollen.

Sollte doch einmal etwas öffentlich werden, kann man das dann als Hirngespinste oder Spinnereien abtun, denn es gibt ja keine offiziellen Verlautbarungen. Und beide Regierungsparteien in unserem Land sind mitten drin in der Gemengelage und spielen mit.

Aber wie hat unsere Kanzlerin festgestellt? Wir müssen die Demokratie marktkonform machen, zugunsten der multinationalen Konzerne wie der Energiewirtschaft oder der Großbanken und Finanzspekulanten, oder um jeglichen Datenschutz zu verhindern. Deshalb auch jetzt das neue Abkommen Tisa; so geheim wie nur irgend möglich.

Aber einer tut sich antidemokratisch besonders hervor: EU-Handelskommissar Karel De Gucht. Es geht allem Anschein nach darum, das Primat des Handelns am und über den Markt, was immer Markt bedeutet, der Wirtschaftslobby zuzugestehen und über das Primat der Politik zu stellen. ALBERT WAGNER, Bochum