Schäden bleiben eng begrenzt

HOCHWASSER I Die Flut an der unteren Elbe erreicht Rekordmarken. Dennoch kommen die Anwohner glimpflich davon – ein Erfolg des Deichbaus. Aber der Fluss braucht mehr Platz

„Bis jetzt haben wir nur Wasser im Keller“

ELBANWOHNERIN IM NIEDERSÄCHSISCHEN BLECKEDE

VON RICHARD ROTHER

Noch hält der Deich. „Bis jetzt haben wir nur Wasser im Keller“, sagt eine Anwohnerin im niedersächsischen Bleckede an der Elbe. Ihr Haus liegt direkt hinter dem Deich, der schon vor einigen Jahren erhöht wurde und einen Teil der Gartenfläche geschluckt hat. „Durch den neuen Deich fühle ich mich viel sicherer.“ So wie ihr geht es vielen Anwohnern am Unterlauf der Elbe in Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. Obwohl das derzeitige Elbhochwasser zum Teil die höchsten jemals gemessenen Pegelstände erreicht hat, halten sich die Schäden bislang in Grenzen. Bei den Hochwassern 2002 und 2006 sah das noch anders aus. Seitdem – aber auch schon vorher – wurden Millionen für die Erhöhung und die teilweise Verlegung der Deiche ausgegeben. Mit Erfolg.

Auch am Montag hielten die Deiche entlang der unteren Elbe dem Wasser weiter stand. In Sachsen-Anhalt gingen die Pegel bereits deutlich zurück, und in den anderen Bundesländern gab es nach den Höchstständen vom Wochenende keine bösen Überraschungen mehr. Dennoch waren weiter Tag und Nacht Deichläufer zu Kontrollen unterwegs.

Erst am Donnerstag aber erwarten die Experten eine spürbare Erleichterung der angespannten Lage in der Region. Dann wird das Hochwasser nach und nach zurückgehen, das durch die Schneeschmelze während der milden ersten Januarwochen am Oberlauf der Elbe entstanden ist.

Hamburg ist von Hochwassern der Elbe, die aus den Bergen und nicht durch Sturmfluten der Nordsee kommen, kaum betroffen. Grund: Die Gezeiten der Nordsee und die Elbausbaggerung für den Hamburger Hafen haben viel Platz für den Fluss geschaffen, so dass das Hochwasser aus den Bergen schnell ins Meer abfließen kann. Zudem verteilt sich das Wasser in Norder- und Süderelbe; das Wehr bei Geesthacht östlich von Hamburg, zum Schutz flussauf gelegener Gebiete vor Nordseesturmfluten gebaut, bietet zusätzliche Regulierungsmöglichkeiten.

„Die Deiche an der Unterelbe sind teilweise neu gebaut und stabilisiert worden“, sagt Winfried Lücking vom Umweltverband BUND. Zudem sei im brandenburgischen Lenzen ein neues Überflutungsgebiet mit einer Größe von 400 Hektar geschaffen worden. „Das nimmt Druck.“ Eine generelle Entwarnung könne man aber nicht geben. Erstens könnten die Deiche aufweichen, wenn Hochwässer längere Zeit andauerten; und zweitens hätten heftige Regenfälle, gepaart mit Schmelzwasser, auch in diesem Jahr noch höhere Pegel gebracht. „Man kann nicht einfach die Deiche immer höher bauen, sondern muss dem Fluss mehr Raum geben.“ Von 33 derartigen Retentionsprojekten an der Elbe seien aber gerade einmal vier umgesetzt worden.

Auch Jörg Rechenberg, Gewässerschutzexperte beim Umweltbundesamt, fordert mehr Platz für die Flüsse. Der Klimawandel werde häufigere Wetterextreme und mehr Niederschlag im Winter bringen. „Darauf müssen wir uns vorbereiten.“