„Wir würden vom Dach springen“

FLÜCHTLING Aus einem Heim könne er abgeschoben werden, fürchtet ein 27-Jähriger aus dem Sudan

■ 27, stammt aus dem Sudan. Sein Asylantrag wurde nach eigenen Angaben im Mai abgelehnt.

taz: Herr al-Nour, Sie drohen mit Suizid, falls die Polizei Sie aus der besetzen Schule in der Ohlauer Straße holt. Warum?

Ahmad al-Nour: Das hier ist kein Spiel für uns. Wir gehen nicht zurück in die Lager. Wir wollen unsere Freiheit, keine Abschiebung.

Wie ist die Situation jetzt, am Dienstagnachmittag?

Die Polizei steht unten, es sind sehr viele Beamte, aber wir haben keine Informationen. Wir sind mit etwa 40 Flüchtlingen auf das Dach gegangen. Wir kommen erst wieder herunter, wenn die Polizei weg ist.

Es gibt Meldungen, dass Flüchtlinge sich Benzin beschafft haben und mit Selbstverbrennung drohen.

Wir haben hier oben kein Benzin. Wir würden vom Dach springen. Was im Inneren des Gebäudes ist, weiß ich nicht.

Können Sie die Situation beschreiben, als die Polizei angerückt ist?

Es war am Vormittag gegen 10.30 Uhr. Die Polizisten sind in das Gebäude gekommen und haben gesagt, wir sollen in die Busse einsteigen, man würde uns in Heime bringen.

Warum haben Sie das abgelehnt?

Es gibt keine Garantie für uns, es wird dasselbe Spiel wie mit den Leuten vom Oranienplatz. Man kommt vielleicht vier Monate in ein Heim, dann schieben sie uns ab. Deswegen gehen wir hier nicht weg.

Warum glauben Sie, dass Sie eher abgeschoben werden, wenn Sie in einem Heim leben als in der Schule?

Wir wären dort allein, könnten nicht zusammen kämpfen. Die Behörden können uns einfach so wegbringen.

Sie stammen aus dem Sudan. Warum haben Sie das Land verlassen?

Ich komme aus Darfur, dort herrscht seit 2003 Krieg, Dörfer wurden niedergebrannt, Menschen getötet. Ich konnte dort nicht bleiben.

Warum wurde Ihr Asylantrag abgelehnt?

Das Flüchtlings-Bundesamt hat mich drei Stunden lang interviewt. Danach habe ich zwei Jahre und einen Monat auf eine Entscheidung gewartet. Am Ende wurde ich abgelehnt. Das war vor etwa einem Monat. Es hieß: Wir glauben dir, dass du aus dem Sudan kommst, aber wir glauben deine Geschichte nicht. Ich verstehe nicht, wie die Deutschen das nicht anerkennen können. Warum sonst sollte ich hier sein? Meine Familie leidet weiter im Sudan und ich hier.

Wurde Ihnen ein konkreter Abschiebetermin genannt?

Nein, bislang nicht.

Wie kamen Sie nach Europa?

Ich bin aus Sudan geflohen, als ich 24 war. Ich bin dann über Ägypten, Griechenland und Italien nach Deutschland. Hier kam ich 2012 an. Ich wurde zunächst nach Niedersachsen verteilt. Im Herbst habe ich mein Lager dort verlassen. Seit etwa einem Jahr lebe ich in der besetzten Schule. INTERVIEW: CHRISTIAN JAKOB