AUF’M PLATZ
: Schweini! Schweini?

SECHS Viele fordern, dass Schweinsteiger im Mittelfeld auflaufen soll. Bringt’s was?

Die Große Koalition der Besserwisser ist sich einig, dass am Donnerstag im entscheidenden Spiel gegen die USA der Vize-Kapitän Bastian Schweinsteiger in die Startelf des deutschen Teams muss. Also: Kapitän Philipp Lahm nach hinten rechts, Schweinsteiger auf die Sechs, dann läuft’s, das ist doch evident.

Wirklich? Es ist überhaupt nicht evident. Natürlich gibt es ernstzunehmende Argumente, die dafür sprechen, dass Lahm wieder hinten rechts spielen sollte. Das sind weniger seine Defensivfehler, als vielmehr seine Qualitäten als Vorbereiter. Der großgewachsene Vorstopper-Vierer Boateng/Mertesacker/Hummels/Höwedes ist im Spiel nach vorn sehr limitiert. Lahm bereitet über rechts deutlich mehr Tore vor als von der Sechs aus. Andererseits ist der Vorstopper-Vierer eine Waffe bei Standards, was bereits zu zwei Toren führte und den Verlust an Offensivkraft über die Seiten womöglich kompensiert.

Erschwerend kommt hinzu: Schweinsteiger muss das Spiel vor sich haben, aber er kann nicht allein auf der Sechs spielen. Wenn man ihn ins Team nimmt, muss man vom 4-3-3 zum 4-2-3-1 wechseln. Die zwingende Folge wäre der Verzicht auf Sami Khedira. Zwei Rekonvaleszenten mit mangelnder Spielpraxis im Zentrum des Spiels, das geht nicht. Also Christoph Kramer neben Schweinsteiger stellen? Dafür spricht, dass Kramer nach vorn und hinten gut arbeitet und jene Meter übernehmen könnte, die Schweinsteiger nicht laufen kann. Aber selbst die Trainer können nur ahnen, ob Kramer es auf WM-Niveau wirklich bringt.

Auch bei Schweinsteiger wissen nur die Trainer, ob er wirklich fit ist. Denn nur dann wiegen seine Vorteile als Spieleröffner, Spielbalancier und Vorbereiter schwerer als sein Tempo- und Zweikampfdefizit.

Wenn also Joachim Löw ihn nicht bringen sollte, dann liegt das nicht daran, dass der Bundestrainer bescheuert ist und – im Gegensatz zu allen anderen – keine Ahnung von Fußball hat. Sondern es liegt daran, dass er ihn täglich beobachtet.

Doch irgendwann kann der Verstand auch mal schweigen und das Herz sprechen. Das sagt: Schweini muss rein. PETER UNFRIED