Berlin hat ganz schnell ausgespielt

Mitte Januar wird in Berlin die Handball-WM eröffnet – doch von einer Euphorie wie zu Fußball-WM-Zeiten ist die Stadt weit entfernt. Gründe sind fehlende Werbung und fehlende Spiele: Das Eröffnungsspiel ist auch das letzte in Berlin

Die Busfahrt zum Auswärtsspiel nach Magdeburg ist der Zweitligamannschaft des Handballvereins Füchse Berlin noch gut in Erinnerung. Kurz hinter der Autobahnabfahrt schauten die Spieler, ihr Trainer Jörn Uwe Lommel und der Manager Bob Hanning irritiert nach oben. „Willkommen in der Handball-WM-Stadt Magdeburg“, stand da in Riesenlettern auf einem Banner über den Stadttoren. Natürlich gewannen die Füchse ihr Match gegen die Reserve aus Magdeburg, übrigens wie alle ihrer bisher 18 Spiele. Etwas stimmte die sportliche Reisegesellschaft aus Berlin auf dieser Tour vor gut einem Monat dennoch nachdenklich: Warum ist in Magdeburg die Handball-WM so präsent – und warum in Berlin überhaupt nicht?

Am 19. Januar wird hier, in der Max-Schmeling-Halle, die Handball-Weltmeisterschaft eröffnet. Der Gastgeber Deutschland spielt gegen Brasilien. Die Halle ist ausverkauft, und vor dem Anwurf gibt es noch eine kleine Eröffnungsfeier. Mehr aber auch nicht. Danach ziehen sowohl die Brasilianer als auch das deutsche Team schnell von dannen, in die tiefe Provinz. Die Gruppenphase dieser Weltmeisterschaft mit insgesamt 24 Teams geht in Städten wie Wetzlar, Halle in Westfalen, Kiel und anderswo über die Bühne. Berlin bleibt nur das Eröffnungsspiel. Ein Spiel von insgesamt 92 dieser Weltmeisterschaft, die vom 19. Januar bis zum 4. Februar in insgesamt zwölf Hallen ausgespielt wird.

Viel zu wenig, wie viele Berliner jetzt meinen. Auch Bob Hanning. Der Manager der Füchse Berlin ist nicht gerade froh angesichts der mageren Spielanteile der Hauptstadt. Doch der 37-jährige Handballenthusiast ist zudem der Berliner WM-Botschafter des Deutschen Handballbunds (DHB). Übermäßige Kritik an der Berlinvermarktung zur Handball-WM ist ihm deshalb nicht zu entlocken. „Wir hätten uns sicher mehr Spiele in Berlin versprochen. In der Bewerbung für die Gruppenspiele hat Berlin eben den Kürzeren gezogen“, sagt der einstige Kotrainer der deutschen Handball-Nationalmannschaft.

Das Spiel ist ausverkauft

Immerhin: Die Tickets für das Eröffnungsspiel in der der 10.000 Zuschauer fassende Max-Schmeling-Halle waren innerhalb von einer halben Stunde verkauft. Mittlerweile werden bei dem Internetauktionshaus Ebay die Karten für das Match Deutschland gegen Brasilien nicht unter 150 Euro gehandelt. Dennoch: „Es hätte in Berlin zur WM auch für die Fans etwas organisiert werden können, die keine Tickets haben“, gibt Bob Hanning selbstkritisch zu. Irgendwie verlor der Deutsche Handballbund genau in dem Augenblick sein Interesse an der Berlin-Vermarktung dieser WM, als die Max-Schmeling Halle ausverkauft war.

Sicher, man darf nicht vergleichen, was nicht vergleichbar ist. Die Handball-WM in Deutschland und die Spielstätte Berlin ist in ihre Bedeutung und globalen öffentlichen Wahrnehmung nicht ein Event wie die Fußball-Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr. Aber ein wenig mehr Aufmerksamkeit hätte sie schon verdient.

Werbung für das Eröffnungsspiel beispielsweise findet in der Hauptstadt überhaupt nicht statt. Wofür auch? Es gibt kein öffentliches Rahmenprogramm, kein Public Viewing oder ähnliche kollektive Zuschauerereignisse rund um diese Handball-Weltmeisterschaft. Mehr als Sport pur wird den Handballfans nicht geboten. So ziehen sich auch die Füchse Berlin pünktlich zum Eröffnungsspiel fast ein wenig verschämt in VIP-Räume zurück. „Wir nutzen das Match in Berlin, um für unsere Sponsoren ein kleines Programm zu organisieren“, erklärt Bob Hanning – in seiner Funktion als Füchse-Manager.

Aufschwung bleibt aus

Auch einen nachhaltigen Aufschwung für den Berliner Handballsport durch die Weltmeisterschaft schließt der WM-Botschafter aus. „Hier fand 17 Jahre lang kein Handballsport statt. Die Zuschauer müssen erst wieder mühevoll zurückgewonnen werden. Da hilft uns ein WM-Spiel auch nicht viel weiter“, schätzt Hanning die Lage wohl realistisch ein. Torsten Haselbauer