Wladimir Putin pfeift das Parlament zurück

UKRAINE/RUSSLAND Präsident will keine Vollmacht für Militäraktion. Tote bei Hubschrauberabschuss

MOSKAU/KIEW afp/taz | Nach der überraschenden Verhandlungsbereitschaft der Separatisten in der Ostukraine hat Russland am Dienstag ein deutliches Friedenssignal an Kiew gesandt. Staatspräsident Wladimir Putin forderte das Parlament auf, die ihm erteilte Vollmacht für ein militärisches Eingreifen im Nachbarland wieder aufzuheben. Ziel sei, „die Lage zu normalisieren“, wurde Kreml-Sprecher Dmitri Peskow von russischen Nachrichtenagenturen zitiert.

Das Parlament hatte Putin Anfang März grünes Licht für eine Militärintervention in der Ukraine gegeben. Offizielle Begründung war die Sorge um die Sicherheit russischer Staatsbürger. Der Senat in Moskau werde die Vollmacht nun „ab Mittwoch“ wieder zurücknehmen, sagte ein Vertreter des Oberhauses, Andrei Limow, am Dienstag der Agentur Interfax. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko begrüßte die Entscheidung Putins als „ersten praktischen Schritt“ in Richtung Frieden.

Der Anführer der Separatisten in der selbstproklamierten „Volksrepublik Donezk“, Alexander Borodai, hatte sich am Montagabend überraschend zu einer Waffenruhe bekannt. Die Aufständischen in der Region würden bis Freitag die Waffen ruhen lassen und Verhandlungen anstreben, ohne dass sich die ukrainischen Truppen zuvor zurückziehen müssten, erklärte er.

Die Separatisten in Lugansk schlossen sich Borodai bis zum Dienstagmittag noch nicht öffentlich an. Ein Sprecher der ukrainischen Sicherheitskräfte sagte, über Nacht seien in der Rebellenhochburg Slawjansk im Donezbecken weiterhin Soldaten angegriffen worden. „Von der Einhaltung eines Waffenstillstandes kann keine Rede sein“, sagte eine Verkäuferin aus Jenakiewo in der Nähe von Donezk der taz am Telefon. „Hier leben Flüchtlinge aus Slawjansk. Sie telefonieren jeden Tag mit ihren Verwandten dort. Diese berichten, dass die ukrainische Armee weiter die Stadt bombardiert.“

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) traf am Dienstag in Kiew unter anderem mit Poroschenko zusammen und sprach er von einem „vielleicht entscheidenden Tag für die Ukraine“.

Derweil wurde im Osten der Ukraine ein Militärhubschrauber von Rebellen abgeschossen. Laut einem Armeesprecher wurden neun Tote befürchtet.