„Und noch etwas ist mir wichtig“

Intelligenz zu Papier

betr.: Interviews in der Weihnachts-taz

Was soll das denn? Gleich mal ein paar Abonnentinnen vergraulen zum Neuen Jahr? Zwei Seiten Frauen-Interview und zehn Seiten (Alt-)Männer-Interview! Super, wie raffiniert unterschwellig Ihr die realen Macht-Verhältnisse abbildet! Zum Neuen Jahr wünsche ich mir eine taz-Redaktion, die Intelligenz und Gleichberechtigung zu Papier bringt!

CHRISTINE FABRICIUSSchwäbisch Gmünd

Halbnackte Frauen

betr.: „Nackt im globalen Dorf“, taz vom 29. 12. 06

Interessiert und amüsiert las ich Ihre beiden Artikel „Nackt im globalen Dorf“. Jedoch fand ich die ausgiebige Beschreibung aller zwölf Frauenfotos unverständlich langatmig, da hätten doch zwei originelle Beispiele gereicht. Noch mehr störte mich aber die offenbar in der taz-Redaktion vorherrschende Einstellung, dass immer noch einem Bericht über halbnackte Frauen doppelt so viel Text gebührt wie einem über halbnackte Männer! Auch hätte ich es interessant gefunden, wie eine weibliche Autorin den Kalender mit Männerfotos beschreibt. Es bleibt mir ein fader Nachgeschmack, dass hier all den männlichen Lesern, die der ausverkauften „Girls-Edition“ hinterherschmachten, ein Gefallen getan werden sollte.

ARIANE WESSEL

Hetzkampagne

betr.: „Henrico muss er selbst bleiben dürfen“, taz vom 22. 12. 06

Aha, den Exklusiv-Vertrag mit der Bild gibt es nicht, aber es gibt einen Vertrag. Henrico Frank hat „seine Geschichte“ an die Presse verkauft. Was mich interessiert: Wer steckt dahinter? Wer bezahlt aus welcher Kasse? Und wie viel?

Nach dem Warum braucht man eigentlich nicht zu fragen, oder? Eine Hetzkampagne gegen Arbeitslose ist nützlich für weitere geplante Kürzungen, nützlich um die hohe Arbeitslosenzahl schönzureden (die sind zu faul, die wollen nicht arbeiten?), und zudem noch nützlich, um die Löhne zu drücken und die Arbeitsbedingungen weiter zu verschlechtern. Wer möchte schon zu diesen Faulenzern gehören, die zudem von 345 Euro leben müssen und denen diese Situation von allen Seiten noch als persönliches Versagen suggeriert wird? Wie Herr Beck meint, sollen sie sich doch erst mal waschen und sich einen ordentlichen Haarschnitt verpassen lassen! An der Bildung und Ausbildung fehlt’s doch auch, wie wir uns seit Jahren sagen lassen müssen!

Nein, zu den Arbeitslosen möchte man nicht gehören und nimmt hin, dass die Arbeitslöhne nur moderat bis gar nicht steigen, dass die Arbeitszeiten verlängert, Überstunden nicht mehr korrekt bezahlt, Urlaubstage und Feiertage gestrichen werden, Weihnachtsgeld gekürzt wird oder ganz wegfällt.

Nicht die Verlagerung der Produktion in Billiglohnländer, nicht die Abschaffung von Arbeitsplätzen durch Automatisierung, kurz gesagt, nicht grenzenloses Profitstreben der Mächtigen werden als Ursachen für Arbeitslosigkeit und Armut benannt. Die wirklichen Abzocker sind nicht unter den Arbeitslosen und Hartz IV Empfängern zu suchen. Die sitzen ganz woanders.

ILSE BECK, Schwäbisch Gmünd

Schritt nach vorn

betr.: „Kinderzuschlag für Bafög-Empfänger“, taz vom 22. 12. 06

Es ist ein Schritt nach vorn für Studierende mit Kind. Notwendig wäre auch, dass man angegebene Wohnungskosten nicht zum Teil auf die Kinder schiebt. Außerdem sollte Unterhalt wie eine geringfügige Beschäftigung angesehen werden und auch bis 400 Euro den Anspruch nicht ausschließen. Mein Antrag wurde nämlich mit dieser Begründung abgelehnt. Daher musste ich mit 600 Euro Gesamtunterhalt und 154 Euro Kindergeld auskommen. Die Wohnungskosten von 360 Euro Warmmiete und 120 Euro Stadtwerke wurden durch zwei geteilt.

Genauso ist die Praxis bei ALG II, das ich für meinen Sohn beantragen könnte, falls der Vater nicht zahlen würde. Aber nach dem Unterhaltsrecht wird das zuerst abgezogen, also wieder Pech gehabt. Mir wurde empfohlen, mich zu exmatrikulieren, weil ich dann sofort Anspruch auf Sozialleistungen hätte.

JANINE OBERMÖLLER, Peine

Leben gegen Güter

betr.: „Koalition streitet über Abschuss“, taz vom 28. 12. 06

So viel Menschenverachtung von Seiten einer „christlichen“ Partei in Deutschland ist selten. Welche Gemeinschaftsgüter könnten es schon rechtfertigen, ein vollbesetztes Passagierflugzeug abzuschießen? Wenn schon die Aufrechnung von Leben gegen Leben vom Bundesverfassungsgericht als nicht erlaubt eingeschätzt wird, kann das doch unmöglich für irgendwelche Güter gegen Leben gelten! Da kann man nur hoffen, dass diesmal die SPD diesem Ansinnen weiterhin standhaft entgegensteht.

HELGA SCHNEIDER-LUDORFF, Oberursel

Wahlfreiheit

betr.: „Schnell in die Welt“, Weihnachts-taz.mag

Als Hebamme und Geschäftsführerin im Geburtshaus Hamburg kann ich dem Artikel von Angelica Ensel inhaltlich nur zustimmen.

In unserer Berufspraxis erleben wir Frauen häufig als verunsichert in ihrer eigenen Kraft und dem Vertrauen in ihren Körper. Beratungen und individuelle Gespräche, Untersuchungen und die Vorbereitung auf eine selbstbestimmte Geburt unterstützen die Frauen und die werdende Familie in ihrer Kompetenz und der Physiologie von Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett.

Umso tragischer erscheint mir der Fakt, dass Geburtshäuser als Zentren für ganzheitliche Betreuung rund um Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett bis zum ersten Lebensjahr immer noch keine gesetzliche Grundlage haben, die Kosten für eine außerklinische Geburt in einem Geburtshaus mit den Krankenversicherungen abzurechnen.

Im Rahmen der Gesundheitsreform werden die Hebammenleistungen aus der Reichsversicherungsordnung (RVO) im SGB V § 134 a eingearbeitet und verankert. Hierzu werden in einem Referentenentwurf des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes die Regelungen zur Refinanzierung der Betriebskosten in Geburtshäusern berücksichtigt. Begründungen für Nichtaufnahme der Geburtshäuser ins SGB V sind Kostensteigerung der Krankenversicherungen oder Doppelstrukturen.

Im Hinblick auf die Wahlfreiheit von Frauen bezüglich des Geburtsortes ihrer Kinder ist es angezeigt, die Geburtshilfe in von Hebammen geleiteten Einrichtungen leistungs- und vertragsrechtlich abzusichern. Gesunde Frauen mit normalem Schwangerschaftsverlauf müssen eine von Hebammen geleitete Einrichtung wählen können, ohne dass ihnen finanzielle Nachteile entstehen. BRITTA HÖPERMANN, Hamburg

Unwissend

betr.: „Der König steht im Schach“, Weihnachts-taz

Immer wenn im Freistaat Bayern Machenschaften ans Tageslicht kommen, die aus der Staatskanzlei oder der Parteizentrale gesteuert und geleitet wurden, ist Herr Stoiber unwissend. Wie kann sich ein Politiker, der so unwissend ist, derzeit lange an der Macht halten. Geht nur mit nützlichen Deppen und durch Intrigen. Die Bayern sollten langsam mal aufwachen und objektiv beobachten, was da vor ihren Augen gespielt wird, und ihr Wahlverhalten ändern. Ansonsten sind sie mitschuldig.

MARION MANNECK, Essen

Sooo viel Bücher

betr.: „Väter weg von Puff und Kneipe“, Weihnachts-taz

Danke! Jetzt, nach Lektüre des weihnachtlichen Sloterdijk-Interview weiß ich endlich, wie viel Quark, Mist und purer Schwachsinn auf zwei Seiten taz passen. Unglaublich. Und so ein schön großes Foto mit sooo viel Büchern! Der Mann sollte endlich rückwirkend seine Studiengebühren bezahlen, damit ein „Freigestellter“ vernünftig „lernen“ und anschließend „kämpfen“ kann. Jetzt erst verstehe ich, warum der Kerl im Fernsehen immer seine Brille kurz oberhalb der Oberlippe trägt. Denk ich an Deutschlands zweitgrößten Philosophen nach Habermas, so bin ich wahrlich um dem Schlaf gebracht. Fassungslos, HEINZ VESTNER, München

Gute Geschäfte

betr.: „Der oberste aller Turkmenen ist tot“, taz vom 22. 12. 06

Zur Turkmenistan-Berichterstattung ein paar Anmerkungen. Ich hatte im Jahr 2000 die Gelegenheit, zwei Wochen in Aschgabat zu verbringen und mir dort einen persönlichen Eindruck vom Regime des „Turkmenbaschi“ zu machen. Im taz-Artikel wird die Verwicklung der Deutschen Bank in die Finanzierung des Diktators erwähnt, was damals auch in Botschaftskreisen ein offenes Geheimnis war. Ebenso wurde kolportiert, der Siemens-Konzern habe die technische Ausstattung des turkmenischen Geheimdienstes übernommen, sich um die Behandlung des Herrn Nijasow in einem Münchner Klinikum gekümmert, was den Diktator zu einem großen Freund Deutschlands machte.

Und auch Mercedes-Benz gehörte zu den Favoriten des Turkmenbaschi: Seine Hofschranzen hielt er mit regelmäßigen Großlieferungen von Mercedes-Limousinen gefügig, die er selbst nur auf einem eigens nahe der Hauptstadt in die Wüste gesetzten Autobahnfragment ausfahren konnte. Seine Untertanen ließ er unterdessen auf einem der zentralen Plätze auf den Knien umherrutschen, um mit kleinen Läppchen die Marmorplatten von Hand zu polieren. Deutschland und seine Industrie hat also beste Chancen, auch weiterhin gute Geschäfte in Turkmenistan zu machen.

JOACHIM HILLER, Haan

Kurzzeitgedächtnis

betr.: „Rhetorik der Einfühlsamkeit“, taz vom 28. 12. 06

Zwei- bis dreimal im Jahr versuchen SPD-Mitglieder, ihr soziales Gewissen zu beruhigen, indem sie lauthals verkünden, dass die finanzielle Belastung ihrer Klientel ein Ende finden muss. Kurt Beck reiht sich in die Gruppe der Heuchler mit ein. Ob es Clement/Müntefering (Thema „Heuschrecken“) war oder andere Konsorten aus dem SPD-Vorstand. Man darf ihnen keinen Glauben schenken.

Das Problem ist leider nur, dass viele enttäuschte SPD-Wähler ein Kurzzeitgedächtnis haben und ihnen immer wieder Glauben schenken. Es wird in den nächsten Jahren aufgrund der zunehmenden weltweiten Globalisierung zu weiteren finanziellen Verschlechterungen (Gesundheit/Rente) für die Bürger kommen. Damit deutsche Unternehmen weiterhin wettbewerbsfähig bleiben können, wird der einzelne Bürger noch viele „Kröten schlucken müssen“, um seinen unsicheren Arbeitsplatz behalten zu können. Die Politiker verabschieden Gesetze zugunsten der Wirtschaftslobby, und der einfache Arbeitnehmer bleibt auf der Strecke.

Linken Wirtschaftswissenschaftlern, Ökonomen und Volkswirten, die überzeugende Alternativen zum Thema Gesundheit/Altersvorsorge/Bekämpfung der Arbeitslosigkeit vorlegen, wird kein Gehöhr geschenkt, weil sie nicht die propagandamäßige Lobby wie der Mittelstand haben. Ich frage mich immer und immer nur wieder, wann die Bundesbürger mal endlich aufwachen.

HANS-JÜRGEN STENGEL, Hürth-Efferen

Väter im Büro

betr.: „Mehr Kinder wagen“, taz vom 28. 12. 06

Liebe Frau Cosima Schmitt, eine kleine, fast unscheinbare Formulierung in Ihrem Artikel ruft einen gewissen Widerstand in mir hervor. Nicht das erste Mal überhaupt, weil über Jahrzehnte hinweg immer wieder genau so zu hören und zu lesen: „… weil Väter, die um der Kinder willen das Büro verlassen …“ Das Büro – und nicht die Werkstatt/Werkhalle auch?

Diese einseitige Wahrnehmung von Arbeits- und Lebenswirklichkeit ist mir noch aus dem Jargon der frühmorgendlichen Radiosprecher in Erinnerung, denen ich vor rund 40 Jahren so beiläufig am Kaffeetisch mit meinem praktisch werktätigen Vater zugehört habe. Eigentlich jeden Morgen. Über viele Jahre hinweg. Eigenartig empfand ich diese einseitige Wahrnehmung von Arbeitsalltag auch damals schon. Nur, was bewegt Sie dazu, auch so die Wirklichkeit zu sehen und zu beschreiben? Oder ist gar in Ihren Augen das Elterngeld für eine bestimmte Kategorie von arbeitenden Leuten nicht notwendig?

HELMUT SEIBERT, Dielheim

Frohes Schaffen

betr.: Ein Danke an die taz

Liebe tazler, Eure Zeitung begleitet mich nun schon mein halbes Leben und es wird endlich mal Zeit, Euch zu danken. Es ist banal, aber irgendwie auch wesentlich: Mein Leben wäre anders verlaufen, wenn es Euch nicht gäbe! Der Zeitpunkt zu danken ist passend, denn Eure Zeitung ist so gut wie nie zuvor. Es gelingt euch zusehends besser im Jungel der Informationsgesellschaft das Wesentliche vom Banalen zu trennen. Wie Ihr die Sache mit dem bedingungslosen Grundeinkommen aufgegriffen habt; die Interviews in der Weihnachts-taz und vor allem die Seiten zum Kaiserschnitt – substanziell, spannend, reif.

Und noch was ist mir wichtig: dass Ihr Euch bemüht, die Ideale, für die Ihr journalistisch einsteht, in Eurer Zusammenarbeit zu leben. Ihr zeigt mit vielen anderen, dass es Alternativen zum Kapitalismus gibt und die Selbstverwaltung, freie, menschengemäße, zukünftige Zusammenarbeitsformen in sich bergen. Frohes Schaffen wünscht Euch

MARKUS STETTNER-RUFF, Schwäbisch Hall

Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von LeserInnenbriefen vor.