Hisbollah bildet neue Regierung

LIBANON Die Schiitenorganisation erhält die Mehrheit im Parlament. Ihr Kandidat Mikati wird neuer Ministerpräsident. Doch das Land bleibt gespalten. Sunniten demonstrieren

Hariri will sich nicht an einer von der Hisbollah geführten Regierung beteiligen

BEIRUT dapd/rtr | Im Libanon soll der von der schiitischen Hisbollah unterstützte Politiker Nadschib Mikati die neue Regierung führen. Präsident Michel Suleiman ernannte den Telekom-Unternehmer am Dienstag zum Ministerpräsidenten. Zuvor bekam er die Zustimmung von 68 Abgeordneten, sein Amtsvorgänger Saad Hariri kam auf 60. Ab Donnerstag will Mikati Gespräche zur Bildung einer neuen Regierung führen. Er reiche allen Parteien seine Hand und hoffe, so die Differenzen zu überbrücken, sagte Mikati nach seiner Ernennung.

Die Hisbollah wird vom Iran und von Syrien unterstützt. Die Gegner der Schiitenorganisation bauen auf westliche Unterstützung. Sie vertreten den Standpunkt, dass eine Machtübernahme der Hisbollah zur internationalen Isolierung des Libanons führen wird.

Tausende Sunniten gingen am Dienstag in verschiedenen Teilen des Landes gegen die Hisbollah auf die Straße. Bei der größten Kundgebung in Tripoli forderten tausende Demonstranten Mikati vor der Parlamentsabstimmung auf, das Amt des Ministerpräsidenten nicht anzunehmen. Die Protestler riefen Parolen zur Unterstützung von Hariri. Einige von ihnen zündeten ein Fahrzeug des Sender Al Dschasira an.

Auslöser der libanesischen Regierungskrise war der Rückzug von zwölf Ministern der Hisbollah und ihrer politischen Verbündeten aus dem Kabinett am 12. Januar. Der Rücktritt von mehr als einem Drittel der Minister führt automatisch zum Scheitern der Regierung.

Grund für den Rückzug der Hisbollah aus der Regierung war die Weigerung Hariris, seine Unterstützung für ein UN-Tribunal aufzukündigen, das die Ermordung seines Vaters Rafik Hariri untersucht. Der damalige Ministerpräsident war 2005 einem Anschlag zum Opfer gefallen. Beobachter vermuten, dass die UN-Ermittler Anklage gegen Hisbollah-Mitglieder erheben werden, die in das Attentat verstrickt sein sollen. Die Schiitenorganisation bestreitet jede Schuld.

Die Hisbollah kann nun entweder eine eigene Regierung bilden und Hariri und seine Verbündeten in die Opposition schicken. Alternativ könnte die Schiitenorganisation auch versuchen, Hariri für eine erneute Regierung der nationalen Einheit zu gewinnen. Hisbollah-Chef Scheik Hassan Nasrallah hat sich für die zweite Möglichkeit ausgesprochen.

Hariri schließt aber aus, sich an einer von der Hisbollah geführten Regierung zu beteiligen. Seine Koalition veröffentlichte in der vergangenen Woche eine Erklärung, in der sie der Hisbollah vorwirft, den Libanon in eine „iranische Basis“ verwandeln zu wollen und dazu ihre Gegner einzuschüchtern. Die Hisbollah hingegen betont, dass sie das Scheitern der Regierung auf demokratischem Weg erreicht und auf Gewalt verzichtet habe.