ETA zerbomt die Hoffnung auf Frieden

Anschlag auf Flughafengebäude in Madrid. Zwei Ecuadorianer werden vermisst. Spaniens Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero legt Gespräche mit Separatisten auf Eis. Tausende demonstrieren gegen die spanische Regierung

AUS MADRID REINER WANDLER

Die Hoffnung auf ein baldiges Ende der Gewalt starb in Spanien mit dem Jahreswechsel. Am Samstagmorgen, um 9:01 Uhr explodierte in einem Parkhaus des Madrider Flughafens Barajas ein mit über 500 Kilogramm Sprengstoff geladener Lieferwagen. Das vierstöckige Gebäude stürzte fast vollständig ein. Trotz der Räumung nach drei Warnanrufen seitens der baskische Separatistenorganisation ETA werden zwei ecuadorianische Immigranten vermisst. Sie liegen vermutlich unter 40.000 Tonnen Trümmern. Die beiden hatten in ihren Pkws geschlafen, um die Wartezeit auf ankommende Angehörigen zu überbrücken.

Der Anschlag beendete einen im März ausgerufenen „permanenten Waffenstillstand“ der ETA. Sprecher des politischen Arm der bewaffneten Separatisten, der verboten Partei Batasuna, hatten in den vergangenen Monaten von einer „Blockade“ des Friedensprozesses gesprochen und der Regierung des Sozialisten José Luis Rodríguez Zapatero Untätigkeit vorgeworfen. Nach einem Geheimtreffen zwischen Vertretern der Regierung und ETA vor zwei Wochen schien die Gefahr eines Bruchs der Waffenruhe jedoch gebannt. Zapatero hatte nur 20 Stunden vor der Explosion optimistische Erklärungen abgegeben. „In einem Jahr werden wir besser dastehen als jetzt“, prophezeite er.

„Wir hatten keine Anzeichen für einen Anschlag“, erklärte Spaniens Innenminister Alfredo Pérez Rubalcaba nach der Explosion. Dabei hatten die französischen Behörden mehrfach darauf hingewiesen, dass ETA auf der anderen Seite der Grenze weiter voll operativ sei. In den letzten Wochen wurden in Südfrankreich mehrere Pkws sowie 350 Pistolen und 10.000 Schuss Munition gestohlen. Außerdem entdeckte die baskische Polizei vor wenigen Tagen ein frisch angelegtes Sprengstoffdepot in einem Wald. Doch Rubalcaba glaubte fest daran, ETA würde zuerst per Kommunique den Waffenstillstand beenden und dann zuschlagen. Es sei ein Fehler gewesen, davon auszugehen, ETA würde vernünftig handeln, gestand der Innenminister jetzt gegenüber der Presse.

„Ich habe den Befehl gegeben, alle Initiativen für einen Dialog auszusetzen“, bekräftigte wenige Stunden später Regierungschef Zapatero. Der Anschlag sei „ein Lapsus im Friedensprozess“ interpretierte kurz darauf eine Ministerin die Worte des Regierungschefs. Und Gaspar Llamazars, Chef der Vereinigten Linken, die Zapateros Minderheitsregierung stützt, bekräftigte: „Der Friedensprozess ist suspendiert, aber nicht abgebrochen.“ Ähnliche Worte kamen von der baskischen Autonomieregierung. Der Sprecher der ETA-nahen Batasuna, Arnaldo Otegi hatte vor Zapateros Auftritt gesagt, seine Partei sei weiter an einem Friedensprozess interessiert.

Der Vorsitzende der konservativen Volkspartei (PP), Mariona Rajoy, kritisierte die „Zweideutigkeit“ Zapateros. Ihm fiel die Verurteilung des Anschlags nicht „energisch genug“ aus. Er forderte, alle Kontakte zu ETA abzubrechen und den Terrorismus mit den „Mitteln des Rechtsstaats“ zu bekämpfen. Die PP war von Anfang an gegen einen Friedensprozess gewesen.

Am Silvestermorgen, als vor vielen Rathäusern Vertreter aller Parteien gemeinsam eine Schweigeminute abhielten, versammelte die Vereinigung der Opfer des Terrorismus in Madrid mehrere tausend Menschen. „Zapatero, wie viele müssen noch sterben?“ war auf Transparenten zu lesen.

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