Knarf is playing with my house

Der Zeichenschatz der Knarf Rellöm Trinity stiehlt dem Patriotismus die Party und das Glücksversprechen

Die Poplinke hat es nicht leicht im Jahr 2007. Changierend zwischen Vereinnahmungsversuchen durch die FDP-wählenden Neubürger vom Schlage Ulf Poschardts und der kalten Schulter der Politfraktion gelangen selbst stilbewusste Künstler zu der Einsicht, dass man starre Verhältnisse nur in seltenen Glücksmomenten durch Zeichenspiele zum Tanzen bringen kann. Und treiben diese gerade deshalb auf die Spitze.

Auch Knarf Rellöm und seine Trinity verzichten auf ihrem neuen Album „Move your ass and your mind will follow“ nicht auf eine gehörige Portion Popkulturgeschichtsschreibung. Wie könnten sie auch, sind doch alle Beteiligten schon seit langem musikalisch aktiv. Sänger Knarfs vorherige Band Huah! veröffentlichte 1990 eine der ersten Platten auf L‘age d‘or, Viktor Mareks Formation „8 Doggymoto“ wird von Liebhabern elektronischer Musik wie Matthew Herbert international geschätzt und DJ Patex eröffnet sich mit Mashups langsam den Pfad der Solokarriere. Als Knarf Rellöm Trinity rufen sie nun mit Sun Ra die „außerplanetarische Opposition“ aus, lassen das LCD Soundsystem zusammen mit allen ihren Lieblingskünstlern in ihrem Haus auftreten und wenn die Mehrheit das nicht hören will, ist nicht die Botschaft, sondern nur das Medium schuld daran.

Doch dies erscheint bei der Mischung, die Rellöm mit seinen Mitmusikanten auf Vinyl gebannt eher als hanseatisches Understatement durchzugehen. Sehr funky knarzen die Bässe, während elektronisch und akustisch erzeugtes Handgeklapper den Takt angibt. Dem zwingenden Tanzflurimperativ zum Trotz ist das Klangbild dabei aber verfremdend genug, um keine Illusionen darüber aufkommen zu lassen, dass das bessere Leben nicht hier und heute stattfindet. Ihr „No Deutschland-Sound“ hat keinen Spaß am Party-Patriotismus der Sommermonate und der Refrain „Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten!/ Wer verrät uns nie? Sexualdemokratie!“ lässt die sexuallibertären Hoffnungen der späten 1960er wieder erklingen. Dazu passend ist das im grellen Gelb gehaltene Artwork, das nicht umsonst an Jörg Schröders März-Verlag erinnert, der wie kein zweiter die Allianz von AgitProp und Hedonismus verkörperte. Live kommt die Dreieinigkeit der ehrerbietenden Referenz nun nach Köln.

CHRISTIAN WERTHSCHULTE

Do, 04.01.07, 20:00 UhrTsunami Club, KölnInfos: www.tsunami-club.de