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LARS PENNING
Da trifft es jemanden aber ganz schön hart: Der ungehobelte Kraftklotz Ralph muss mit seinem Baumstumpf einem Haus weichen, in dem fortan die „Nicelanders“ wohnen. Und während Ralph aus Rache unentwegt das Gebäude demoliert, behebt ein fröhlicher Handwerker die Schäden im Handumdrehen und wird von den Bewohnern mit Medaillen dekoriert. Ralph bleibt lediglich der Platz auf der Müllkippe. Nichtsdestoweniger ist Ralph der Held – und zwar jener des Disney-Animationsfilms „Ralph reichts“ von Regisseur und Co-Storyautor Rich Moore, der bislang vor allem an den mit bösem Humor und scharfen gesellschaftspolitischen Analysen bestechenden Serien „Die Simpsons“ und „Futurama“ arbeitete. Insofern kommen die ironisch-anarchischen Spitzen nicht von ungefähr in dieser Geschichte um den Außenseiter aus einem fiktiven 8-Bit-Videospiel, der kurzerhand das Spiel in der Hoffnung wechselt, anderswo Freunde zu finden. Das gelingt ihm schließlich in der Rennsimulation „Sugar Rush“, wo er auf die ebenfalls zur Außenseiterin gewordene Vanellope trifft. Man braucht beileibe kein Spielhallen-Freak zu sein, um mit den komplex charakterisierten Figuren zu fühlen, die bei ihrem Streben nach Anerkennung alsbald wahre Verwerfungen in der Spielothek provozieren. (1.–2. 7., Moviemento 3)
Immer einen Blick wert sind die Musicals von Busby Berkeley: Die in Ko-Regie mit Mervyn LeRoy respektive Lloyd Bacon gedrehten Filme „Gold Diggers of 1933“ und „Footlight Parade“ entstanden vor der Durchsetzung einer rigorosen Selbstzensur im Jahr 1934 in den USA und enthalten noch eine ganze Reihe von Szenen mit recht eindeutig sexueller Thematik: So fährt die Kamera den Tänzerinnen häufiger zwischen den Beinen hindurch, schaut wie ein Voyeur hinter Jalousien und Paravents, und ein kleinwüchsiger Darsteller stellt in der Rolle eines frühreifen Kindes den Mädchen nach. Überhaupt hatte der ehemalige Armeeausbilder Berkeley, der größere Menschenmengen perfekt in geometrischen Mustern arrangieren und synchron in Bewegung setzen konnte, die Tänzerinnen stets nach ihrem guten Aussehen und nicht unbedingt nach ihren Fähigkeiten ausgesucht. Während die abschließende Musiknummer von „Footlight Parade“ mit einer Parade amerikanischer Truppen vor dem Abmarsch aus China die deutlichste Reminiszenz an Berkeleys vormalige Tätigkeit darstellt, gibt „Gold Diggers of 1933“ einen Einblick in die Zeit der großen wirtschaftlichen Depression: „We’re in the money“ singt Ginger Rogers hier, als die Gehilfen des Gerichtsvollziehers die gepfändeten Dekorationen und Kostüme schon aus dem Theater tragen. (Gold Diggers of 1933 [OmU], 27. 6.; Footlight Parade [OmU], 1. 7., Arsenal 1)
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