Polizei auf dem Rückzug

Zum Jahresbeginn gründete Hamburg eine Polizei-Universität, an der ein Studium auch für private Sicherheitsfirmen angeboten wird. Kritiker wittern einen Flop: Im Norden gibt es bereits Alternativen

VON KAI VON APPEN

Da hatte sich Hamburgs CDU-Regierung beeilt, noch kurz vor Weihnachten mit heißer Nadel ein Gesetz zur Gründung einer Polizei-Uni zu stricken. Doch mit der Verkündung der guten Nachricht ließ sich Innensenator Udo Nagel (parteilos) plötzlich Zeit – die Details präsentierte er erst auf den letzten Drücker zum Silvesterfeuerwerk. Hinter den Kulissen hatte es heftigen Streit um die Berufung des Bundespolizisten Jörg Feldmann zum Gründungspräsidenten gegeben (siehe Kasten).

Nun aber böllert es gleich aus mehreren Richtungen. Kritiker meinen, die Öffnung der Polizei-Uni für das private Sicherheitsgewerbe führe dazu, dass polizeiliche Aufgaben an „Schwarze Sheriffs“ abgegeben werden und qualifizierter Polizeinachwuchs in andere Bundesländer auswandere.

Im Prinzip geht der lange Traum einiger Polizeistrategen in Erfüllung – die Polizeiausbildung für den gehobenen Dienst unter eigener Regie. Das Kommissars-Studium wird eigens aus der dafür zerschlagenen Fachhochschule für öffentliche Verwaltung ausgegliedert, die Umstellung auf die Bachelor-Studiengänge „Polizei“ und „Sicherheitsmanagement“ ist zum Herbst geplant.

Doch um die eigene Uni für knapp 200 Studierende zu finanzieren, werden Grundsätze über den Haufen geworfen. Die neuen KommissaranwärterInnen der Polizei, die nicht schon aus dem Polizeidienst kommen, müssen zunächst ein Grundstudium gemeinsam mit privaten Sicherheitskräften absolvieren. In diesen acht Monaten müssen sie ihren Unterhalt selbst finanzieren, was vor allem die Kritik der Polizeigewerkschaften auslöst.

Damit macht Hamburg einen Alleingang. In anderen Bundesländern wird das Studium auch im ersten Semester „alimentiert“. Insider rechnen nun damit, dass sich das Gros an qualifizierten Bewerbern in anderen Bundesländern bewirbt. „Hamburg wird den Schrott bekommen, der woanders durchgefallen ist“, kritisiert ein Experte. Schon jetzt erfülle nur jeder dreißigste Bewerber die Auswahlstandards und sei „studierfähig“. Daher könnte beim qualifizierten Nachwuchs für den Polizeidienst schnell ein Versorgungsproblem entstehen.

Noch gravierender dürfte sein, dass zur Finanzierung der Polizei-Uni die Öffnung der Fakultät für private Sicherheitsdienste beschlossen ist, indem ein Studiengang „Privates Sicherheitsmanagement“ eingerichtet wird. Unter der Floskel der „Sicherheitspartnerschaft“ sollen private Dienste integriert werden. Um das schmackhaft zu machen, ist das gemeinsame Grundstudium von Kommissaranwärtern und privaten Sicherheitsleuten eingerichtet worden. Für private Studierende sollen die Firmen bis zu 600 Euro pro Monat an Gebühren berappen. Und: Die privaten Studierenden müssen auf der Gehaltsliste einer Security-Firma stehen.

Doch ob diese Security-Leute überhaupt kommen, ist selbst von Experten bei einem Hearing bezweifelt worden. Denn der Bedarf ist gering, zumal es im Norden bereits Alternativen gibt. So bieten parallel die Uni Lüneburg, die Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Kiel sowie die Polizei-Hochschule in Bremen Studiengänge für Sicherheitsmanagement an – und zwar von Anfang an als eigenes Studienfach und ohne Studiengebühren.

„Der Hamburger Ansatz hat einen grundsätzlichen Fehler“, sagt ein Insider. „Wenn es Aufgabe der Polizei ist, der Bevölkerung Sicherheit zu verschaffen, leben gerade private Sicherheitsunternehmen davon, dass es das Gefühl der Unsicherheit gibt.“ Daher befürchten Polizeirechtler, es sei „der erklärte Wille“ des Hamburger Senats, sich im Rahmen einer vorgegaukelten Sicherheitspartnerschaft von weiteren Aufgaben zu trennen und sich auf reine hoheitsrechtliche Aufgaben zu beschränken. „Prävention wird dann an die privaten Sicherheitsunternehmen abgegeben, die ihre Leistungen aufgrund der Dumpinglöhne billiger anbieten können.“ Das könne vom Objektschutz bis hin zu Streifenfahrten oder Observationen gehen.

Und da das private Sicherheitsgewerbe keinen restriktiven polizeilichen Regularien unterliege, könnte es sogar Aufgaben in Grauzonen übernehmen, in denen Polizeibeamte nur auf richterlichen Beschluss tätig werden dürften. „Es könnten“, so die Befürchtung, „Tätigkeiten im Rahmen der Sicherheitspartnerschaft einfach auf dem kleinen Dienstweg an Private abgeben werden.“