Wenn selbst Immunität nicht mehr schützt

RECHT Der Justizsenator kann nicht erklären, warum die Kanzlei eines Abgeordneten durchsucht wurde

Er sei erschüttert – immer wieder bemühte Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) diese Vokabel. „Die Staatsanwaltschaft, wir alle sind erschüttert über den Vorfall.“ Polizei und Staatsanwaltschaft waren am 13. Juni in der Kanzlei des CDU-Politikers Michael Braun zu einer Durchsuchung eingeritten, ohne zuvor beim Parlament die Aufhebung seiner Immunität beantragt zu haben.

Am Mittwoch im Rechtsausschuss verlangten alle Fraktionen Aufklärung von Heilmann. Der Vorfall liegt mittlerweile über eine Woche zurück. Aber Heilmann musste einräumen, nicht zu wissen, wer warum in diesem Fall versagt hat. „Der kapitale Fehler ist nicht erhellt“, so Heilmann.

Der Vorgang ist beileibe nicht die einzige Baustelle des Justizsenators. Auch im Konflikt um die Vergabe des Gasnetzes steht Heilmann unter Druck (siehe Text rechts). Dazu kommt der spektakuläre Ausbruch zweier Insassen aus der JVA Moabit. Die Stimmen mehren sich, dass Ausbrüche wie diese durch die Personalknappheit in den Gefängnissen möglich werden. Immer stärker drängt sich die Frage auf: Hat Heilmann seinen Laden noch im Griff?

„Herr Heilmann, Sie sind verantwortlich für diese Staatsanwalt“, brachte es der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Dirk Behrendt, am Mittwoch auf den Punkt. Dass vor einer Durchsuchung bei einem Abgeordneten die Aufhebung der Immunität beantragt werden müsse, „ist Stoff im ersten Semester“. Aber nicht nur „die Spitzenjuristen bei der Staatsanwaltschaft“ hätten versagt: Auch die Behördenleitung, also die Justizverwaltung, sei „blind“ gewesen, so Behrendt. Erst durch eine Nachfrage der Grünen sei am 16. Juni – also zwei Tage nach der Durchsuchung bei Braun – im Hause Heilmann aufgefallen, „dass es ein Immunitätsproblem gibt“.

Heilmann hatte schon in der vergangenen Woche von einem verfassungs- und rechtswidrigen Vorgehen der Staatsanwaltschaft gesprochen. Am Mittwoch machte er dafür eine Verkettung mehrerer Fehler verantwortlich. Der Generalstaatsanwalt prüfe derzeit, ob gegen die beteiligten Staatsanwälte Disziplinarverfahren eingeleitet würden. Heilmann sprach von fünf beteiligten Staatsanwälten, darunter zwei leitende Oberstaatsanwälte. Ein Fehlverhalten weiterer Beteiligter sei aber nicht ausgeschlossen. PLUTONIA PLARRE