Räder rollen für die Konjunktur

Die Lkw-Maut sollte Güterzüge attraktiver machen. Jetzt boomt der Schienenverkehr. Doch das hat andere Gründe

BERLIN taz ■ Mautpflicht jetzt auf über 25.000 Kilometern: Seit Neujahr dürfen Lkw ab zwölf Tonnen auch auf drei Bundesstraßen in Hamburg, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz nur dann fahren, wenn sie pro Kilometer im Schnitt gut zwölf Cent dafür bezahlen. Neben milliardenschweren Einnahmen für den Staat sollte die Maut auch mehr Güterverkehr auf die Schiene bringen. Tatsächlich freuen sich die Cargo-Bahnen derzeit über ein florierendes Geschäft. Um 10 Prozent dürfte das Transportvolumen auf der Schiene 2006 gewachsen sein, schätzt die Bahn. Doch das hat vor allem konjunkturelle Ursachen.

„Bei uns brummt das Geschäft“, sagt Matthias Roeser, Sprecher der Veolia-Verkehr der taz. Die ehemalige Connex ist nicht nur der größte private Anbieter im Personenzugverkehr, sondern gehört auch im Gütergeschäft zu den größten Konkurrenten der Deutschen Bahn AG. Doch der Boom sei eher ein Resultat des Auftragsbooms in der Stahlindustrie als ein Effekt der Lkw-Maut, meint Roeser. Für größere Verlagerungseffekte sei die Gebühr zu niedrig.

Auch das Bundesamt für Güterverkehr stellte im November fest, dass sich das Ziel der Maut, den Güterverkehr weg von der Straße auf die Schiene zu bekommen, „kaum erfüllt“ habe. Das Wachstum der Branche gehe vor allem auf die Konjunkturentwicklung und knapper werdende Ladeflächen im Straßenverkehr zurück.

Doch auf der Schiene sorgt die wachsende Nachfrage ebenfalls für Engpässe. So sind Lokführer mittlerweile rar, Waggons werden knapp. Die Preise steigen und werden dies nach Expertenschätzungen im kommenden Jahr auch weiter tun. Auf dem Schienennetz werde es eng, sagt Roeser. Es sei mittlerweile schwierig, von der Bahn bestimmte Trassen zu bekommen.

Zwar dürfen private Unternehmen Güterzüge betreiben, sie müssen für die Nutzung der Gleise allerdings Geld an die Bahn-Tochter DB Netz bezahlen. Etwa die Hälfte der Einnahmen eines durchschnittlichen Güterzuges mit 30 bis 40 Waggons gehen Veolia zu Folge für Netzgebühren weg.

Die Privatbahnen ärgert besonders, dass die Bahn die Kapazitäten im 34.000 Kilometer langen Netz selbst verknappt hat. Rund 5.000 Kilometer wurden seit 1994 stillgelegt. Darunter seien auch Ausweichstrecken gewesen, die man jetzt gut gebrauchen könnte, sagt Roeser. So müssten Güterzüge immer wieder anhalten, weil sie über Hochgeschwindigkeitstrassen geleitet würden und dort die ICEs passieren lassen müssen.

Das sei eine zu pauschale Kritik, heißt es bei der DB Netz. Das Problem sei vielmehr, dass die Nachfrage nach bestimmten Trassen besonders hoch sei, auf anderen hingegen viel Platz sei. „Da, wo wir noch Kapazitäten hätten, will niemand fahren“, sagte ein Unternehmenssprecher der taz. Er räumte aber auch ein, dass es Engpässe zum Beispiel entlang des Rheins oder zwischen Mannheim und Frankfurt gebe. Diese würden durch geplante Neubauten in Zukunft entschärft. Doch bislang habe die DB Netz keine Trassenbestellung abgelehnt, weil eine Strecke überlastet sei. STEPHAN KOSCH