das wichtigste
: Schäuble ohne Chance

Innenminister will durch Änderung des Grundgesetzes Abschuss von Flugzeugen bei Terrorgefahr ermöglichen

FREIBURG taz ■ Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) möchte im Grundgesetz einen „Quasiverteidigungsfall“ einführen. So soll doch noch der legale Abschuss voll besetzter entführter Passagiermaschinen ermöglicht werden.

Ändern will er Artikel 87 a des Grundgesetzes. Bisher lautet er: „Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zulässt.“ Nach dem Wort Verteidigung könnte nun eingefügt werden: „sowie zur unmittelbaren Abwehr eines sonstigen Angriffs auf die Grundlagen des Gemeinwesens“. Damit könnte die Bundeswehr auch gegen kriegsähnliche Terrorangriffe eingesetzt werden.

„Dieser Vorschlag hat nicht den Hauch einer Chance, dass er verwirklicht wird“, quittierte gestern der innenpolitische Sprecher der SPD, Dieter Wiefelspütz, und erinnerte daran, dass Verfassungsänderungen eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag und im Bundesrat benötigen. Das Justizministerium erklärte, es handele sich um „Vorüberlegungen des Innenministeriums, die noch nicht einmal den Status eines Referentenentwurfs haben“.

Die Oppositionsparteien FDP, Grüne und Linke warfen dem Innenminister vor, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Februar letzten Jahres zu unterlaufen. Die Karlsruher Richter hatten damals die Tötung unbeteiligter Passagiere zur Vermeidung eines Terroranschlags als Verstoß gegen die Menschenwürde abgelehnt. Das Gericht sprach allerdings von „nichtkriegerischen Luftzwischenfällen“, weshalb Schäuble nun versucht, solche Terrorakte als „quasikriegerisch“ einzustufen. CHR

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