„Religiöse Aufladung“

GLAUBEN Der Themen-Abend „Zwischen Abseits und Jenseits“ beschäftigt sich mit der Religion Fußball

■ 37, ist seit drei Jahren Pastorin der evangelischen St.-Remberti-Gemeinde Bremen.

taz: Frau Klaus, passend zum Thema Ihres heutigen „Religionsphilosophischen Salons“ müssten Sie doch eigentlich auch Fußball zeigen, oder?

Isabel Klaus: Nein, Public Viewing machen wir nicht. Aber am übernächsten Wochenende wird bei uns Fußball gespielt: da findet nämlich das große Weltmeister-Turnier im Rahmen unseres Gemeindefestes statt. Aber heute Abend geht es ja weniger um die Weltmeisterschaft als um die religiösen Dimensionen im Fußball.

Aber Fußball ist doch eine Sportart ...

Ja, aber in ihrem Fanatismus könnten viele Fußball-Fans auch treue Kirchenmitglieder sein. Seit Herbert Zimmermann gesagt hat „Turek, du bist ein Fußballgott“, beschäftigen sich viele Theologen mit dem Thema. Religion findet ganz klar nicht nur in der Kirche statt.

Wer wird denn beim Fußball angebetet?

Der Spieler oder auch der Ball in seiner Unberechenbarkeit – nichts ist schwerer zu treten als etwas Rundes. Hinzu kommt die religiöse Aufladung im Stadion durch den Arena-Charakter, durch die Gesänge – man wird im Stadion von dem Masseneindruck überrannt, dafür muss man gar kein Fußball-Fan sein. Die Dichte und Energie trifft jeden.

Also ist Religion nichts anderes als ein Massenphänomen?

Nein, es geht um ein Gefühl. Der Theologe Friedrich Schleiermacher hat gesagt: „Religion ist Anschauung und Gefühl“ – und beim Fußball kommt beides zusammen.

Was sagen denn Ihre KollegInnen dazu, wenn Sie allen Ernstes über Fußball als Religion sprechen?

Es gibt viele Kirchenvertreter, die das nicht teilen und die sagen, dass es außerhalb der Kirche keine Religion gibt. Dabei gibt es ja sogar ein eigenes Vaterunser für Fußball-Fans, das geht so: „Dein Ball komme, dein Spiel geschehe, unsere Tore gib uns heute, und vergib uns unsere Fouls“...

Und das ist für Sie als Pastorin hinnehmbar?!

Ja, ich finde das sehr kreativ und es nimmt weder dem Vaterunser noch uns irgendetwas weg – ich finde das überhaupt nicht bedrohlich.  Interview: SCHN

19.30 Uhr, Gemeindehaus St. Remberti