Heilmann nimmt Fuß vom Gas

SENATSKRISE Finanzsenator Nußbaum setzt sich im Streit mit dem Justizsenator um die Gasnetzvergabe auf ganzer Linie durch – nach einem langen Gespräch beim Regierenden

„Der Senator für Justiz bedauert sein Vorgehen. Interne Auseinandersetzungen sind kollegial und politisch zu klären“

KLAUS WOWEREIT

Von Stefan Alberti

Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, von der SPD benannt) ist als Sieger aus dem Konflikt mit Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) hervorgegangen. Nach einem Krisengespräch beim Regierenden Bürgermeister am Donnerstag zog Heilmann seine Unterlassungsforderung zurück und erklärte zudem, sein Vorgehen zu bedauern. Dem CDU-Mann zufolge habe es sich um ein Missverständnis gehandelt. Hintergrund der bislang einmaligen Klagedrohung zwischen zwei Senatoren ist die Vergabe der lukrativen Gasnetz-Konzession an die landeseigene Berlin Energie, die Nußbaum verantwortet hat. Das Verfahren hatte Heilmann als rechtswidrig bezeichnet.

Nußbaum hatte in der Senatssitzung am Dienstag Fragen zu einer möglichen Befangenheit Heilmanns gestellt. Dabei ging es auch um eine Beteiligung des CDU-Manns am Energiehändler Ampere. Beim Justizsenator kam das nach dessen Darstellung so an, als ob ihm Nußbaum unterstellen wolle, er habe Unterlagen an den bisherigen Netzbetreiber Gasag weitergegeben, der im Vergabeverfahren unterlag. Heilmann forderte daraufhin von Nußbaum eine Unterlassungserklärung. Die genannte Frist am Mittwochmorgen ließ Nußbaum jedoch verstreichen.

Im Zimmer des Regierenden Bürgermeisters im 1. Stock des Roten Rathauses soll sich das am Donnerstagvormittag binnen eineinhalb Stunden alles aufgeklärt haben. Dabei war auch Innensenator und CDU-Parteichef Frank Henkel, der das Treffen am Vortag mit Wowereit vereinbart hatte. Wowereit machte dabei klar, dass er von Unterlassungsforderungen zwischen Senatsmitgliedern nichts hält. „Interne Auseinandersetzungen im Senat sind kollegial und politisch zu klären“, hieß es später offiziell aus dem Roten Rathaus.

In dieser Pressemitteilung findet sich kein Hinweis auf ein Zugeständnis von Nußbaums Seite. Der soll sogar darauf drängen dürfen, dass Mitarbeiter von Heilmans Justizverwaltung Garantierklärungen abgeben, keine Unterlagen nach außen gegeben zu haben „Mit dem Ziel, dass von meiner Seite keine Verfahrensfehler ausgehen sollen, hat der Finanzsenator Recht“, sagte Heilmann nach dem Spitzentreffen, bei dem sich die Kontrahenten die Hand gegeben haben sollen.

Rückzug, Entschuldigung für das eigene Vorgehen und auch noch Verständnis für den Finanzsenator – und das, obwohl der Fortbestand der Koalition nicht daran gehangen haben soll: Die CDU-Seite musste sich arg winden, das nicht als völlige persönliche Niederlage Heilmanns darzustellen. Einsichtiges Verhalten soll es vielmehr sein: „Eigene Befindlichkeiten sind zwar menschlich verständlich, müssen aber im Sinne der Stadt zurück gestellt werden“, hatte CDU-Generalsekretär Kai Wegner ihm schon tags zuvor mit auf den Weg gegeben.

Nußbaums Seite sah sich bestätigt. „Es ist heute beschlossen worden, dass Fragen zu möglichen Interessenskonflikten aus dem Verfahren heraus berechtigt sind“, sagte seine Sprecherin Kathrin Bierwirth. „Diese Fragen wird Herr Heilmann beantworten müssen.“ In diesem Zusammenhang verweist die SPD-Seite auf den Berliner Governance Codex. Darin heißt es: „Jedes Aufsichtsratsmitglied hat Interessenkonflikte […] offenzulegen.“ So hätte Heilmann als Senator auch beim Gas-Verfahren handeln müssen, meinen SPDler.

Der CDU-Mann wiederum will schon vor über einem Jahr die Senatskanzlei über seine mehr als ein Dutzend Unternehmensbeteiligungen informiert haben. Grundsätzlich ist aus Heilmanns Sicht nun nicht länger die Regierung zuständig. Denn nach dem Senatsbeschluss vom Dienstag, die Gas-Vergabeentscheidung zur Kenntnis zu nehmen, ist das Thema jetzt in der Hand des Abgeordnetenhauses. Das tagt nächsten Donnerstag letztmals vor der über zweimonatigen Sommerpause.