Der PR-Falle entgehen

betr.: „Scheitel des Scheiterns“, taz vom 21. 12. 06

Anders als Ulrike Herrmann in ihrem Kommentar schreibt, hätte Henrico Frank durchaus die Möglichkeit gehabt, der PR-Falle zu entkommen. Es geht nämlich um die mediale Darstellung zweier Probleme:

1. das konkrete Einzelschicksal des Jobsuchenden. Ich glaube tatsächlich, dass ein Bewerber, auch wenn er längere Zeit arbeitslos war, mit etwas Glück einen Job bekommt. Das Glück war, Kurt Beck zu treffen. Natürlich ist jeder, der eine herausragende Position hat (das muss nicht einmal Ministerpräsident oder SPD-Vorsitzender sein), in der Lage, einem Arbeitslosen, der sich bemüht, einen Job zu vermitteln. So ein Treffen ist aber das Glück eines einzelnen Arbeitslosen, das hat mit dem gesellschaftlichen Problem Arbeitslosigkeit nicht viel zu tun.

2. Es gibt nicht genügend Jobs. Tatsächlich ist es doch so: Auch wenn alle Langzeitarbeitslosen zum Frisör gehen und sich ab sechs Uhr morgens ausgeschlafen, frisch rasiert und ehrlich um einen Job bemühen, gibt es davon nicht mehr offene Stellen (von einzelnen Frisörstellen mal abgesehen). Solange wir keine Vollbeschäftigung haben, kann es Arbeitgebern egal sein, wie gepflegt die Arbeitslosen, die ohnehin keinen Job bekommen, sind.

Ich gehe zwar davon aus, dass das öffentliche Angebot von Kurt Beck ehrlich gemeint ist, es hat aber durchaus auch eine populistische Wirkung. Und da hätte man ansetzen können: Es währe z. B. möglich gewesen, für das Treffen 100 weitere Arbeitslose zu finden, die einen Job suchen und die allesamt frisch vom Frisör mit Vorher-Nachher-Bild zu dem Treffen erscheinen. Was fehlt, ist die Idee und das Zusammengehörigkeitsgefühl der Betroffenen. Wenn man allerdings Einzelschicksale mit dem generellen Problem vermischt, kommt man zu dem Schluss „Die Arbeitslosen sind Faulenzer“.

AUREL JAHN, Darmstadt