VW-Affäre: Anklage wegen Liebesdiensten

Nächste Runde in der VW-Affäre: Staatsanwälte werfen dem SPD-Bundestagsabgeordneten Hans-Jürgen Uhl Bordellbesuche auf Firmenkosten vor. Er habe sich das „dienstfremde“ Vergnügen „sehenden Auges“ zahlen lassen

Hans-Jürgen Uhl hätte auch einen Strafbefehl akzeptieren können. Doch das hätte ein Geständnis des SPD-Bundestagsabgeordneten aus Helmstedt vorausgesetzt, sich auf Kosten von VW mit Prostituierten vergnügt zu haben. Deshalb hat die Braunschweiger Staatsanwaltschaft den 55-Jährigen gestern vor dem Wolfsburger Amtsgericht wegen Beihilfe zur Untreue und falschen eidesstattlichen Versicherungen angeklagt. Die Ermittler sehen es als erwiesen an, dass Uhl als Ex-Geschäftsführer des VW-Betriebsrats im Jahr 2001 „an dienstfremden Veranstaltungen in Barcelona und Seoul“ teilgenommen hätte, in deren „Verlauf auch Leistungen von Prostituierten in Anspruch genommen worden sein sollen“. Drei weitere Bordellbesuche in Hannover seien inzwischen verjährt. Uhl habe die Liebesdienste „sehenden Auges“ in Anspruch genommen, obwohl er wusste, dass sie als dienstlich veranlasste Kosten abgerechnet würden, behauptet die Staatsanwaltschaft. Außerdem legen die Ermittler Uhl fünf eidesstattliche Versicherungen zur Last, die dieser abgegeben hatte, um sich gegen Veröffentlichungen zu wehren.

Unter den 21 Zeugen, die die Staatsanwälte benannt haben, sind laut Staatsanwaltschaft „überwiegend“ Mitarbeiter von Volkswagen, aber offenbar auch Prostituierte, die Uhl identifizieren sollen. Hätte der Europapolitiker den Strafbefehl, der auf eine schriftliche Verhandlung hinausläuft, akzeptiert, wäre ihm ein möglicherweise peinlicher Prozess erspart geblieben. Um Uhl eine öffentliche Hauptverhandlung zu ersparen, habe man vorgefühlt, ob ein Geständnis möglich sei, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Der SPD-Mann, der im vergangenen Jahr sein Betriebsratsmandat aufgab, hatte in der Vergangenheit stets alle Vorwürfe zurückgewiesen. Sein Büro teilte zur Anklage nur mit: „Zu den bisherigen Erklärungen von Herrn Uhl ist nichts hinzuzufügen.“ Ob es überhaupt zu einem Verfahren kommt, wird nicht vor Ende Februar entschieden.

Die Anklage gegen Uhl ist die zweite in der VW-Affäre. Ab dem 17. Januar muss sich der frühere VW-Personalvorstand Peter Hartz wegen Untreue und Begünstigung eines Betriebsrates vor dem Landgericht Braunschweig verantworten. In Vorbereitung ist auch eine Anklage gegen den Ex-Betriebsratschef Klaus Volkert. Zehn weitere Ermittlungsverfahren laufen noch, darunter auch gegen den niedersächsischen SPD-Landtagsabgeordneten Günter Lenz. Kai Schöneberg