Grüne zwischen den Fronten

BESETZTE SCHULE

Für die Kreuzberger Grünen steht mit der besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule einiges auf dem Spiel. Kommt es zur gewaltsamen Räumung, ist nicht auszuschließen, dass tatsächlich Flüchtlinge vom Dach springen. Das wäre eine Tragödie, für die maßgeblich auch der Bezirk die Verantwortung tragen würde. Gut möglich, dass Bürgermeisterin Monika Herrmann und die beteiligten Stadträte ihren Hut nehmen müssten.

Sie bewegen sich seit Monaten in einem Spannungsfeld der Erwartungen. Auf der einen Seite sind da die alten grünen Ideale. Natürlich solidarisiert man sich mit Flüchtlingen, den Vertretern der Dritten Welt, die nun vor der eigenen Haustür stehen.

Andererseits kann der Bezirk den Flüchtlingen, was das Aufenthaltsrecht angeht, gar nichts bieten. Trotzdem hat Herrmann sie geduldet. Das führte zwar dazu, dass der politische Protest der Flüchtlinge sichtbar wurde, die Situation in der besetzten Schule aber verselbständigte sich. Dass die Zustände dort untragbar waren, dürfte, spätestens als ein Marokkaner erstochen wurde, allen klar gewesen sein. Auch aus der eigenen Partei wurde Herrmann sicherlich unter Druck gesetzt, diese Situation möglichst schnell zu ändern.

Wenn den Grünen das Thema wirklich wichtig ist, sollten sie in Zukunft anders damit umgehen. Aus der Schule will der Bezirk eine legale Anlaufstelle für Asylbewerber machen, mit Wohnplätzen, aber auch Beratungsangeboten. Ein guter Anfang. Friedrichshain-Kreuzberg sollte insgesamt deutlich mehr Plätze für offizielle Asylbewerber bereitstellen. Was deren Unterbringung angeht, liegt der Bezirk im berlinweiten Vergleich bisher gerade mal im Mittelfeld. Und da die Grünen ja die Forderungen der Flüchtlinge unterstützen, müssten sie in neuen Unterkünften Bedingungen schaffen, die die Geflüchteten nicht als Lagerhaft empfinden. Erst all das hieße, wirklich Verantwortung für die Menschen zu übernehmen.

ANTJE LANG-LENDORFF

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