LESERINNENBRIEFE
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Demagogie der Regierung

■ betr.: „Energiewende. Glauben statt verstehen“, taz v. 27. 6. 14

Dem gut geschriebenen Artikel von Malte Kreutzfeldt über die EEG-Reform füge ich noch hinzu: Angesichts des immer komplizierteren EEG-Gesetzes vermisse ich eine Kampagne der deutlichen Erklärung und Klarstellung des EEG-Reformziels durch die Grünen und Die Linke. Stromkostensenkung als Ziel auszugeben ist reinste Demagogie der Regierung. Das eigentliche Ziel besteht darin, die Energiewende zugunsten der Kohleindustrie auszubremsen. Dies muss den Leuten klar gemacht werden. Aber bei den Grünen und der Linken gibt es bis jetzt leider nur Schweigen im Walde. ARTUR BORST, Tübingen

Enge Mitte

■ betr.: „Ohne Ideen und ohne Machtoptionen“, taz vom 25. 6. 14

„Jeder weiß, dass ein rot-rot-grünes Bündnis auf Bundesebene nicht mehr ist als bloße Rhetorik.“ Wenn das so ist, dann unter anderem auch wegen solcher Kommentare in der ehemals linken taz. Der Klimawandel beschleunigt sich, die Schere zwischen Arm und Reich wird größer, der Finanzkapitalismus taumelt von Krise zu Krise, Europas Süden verelendet, der öffentliche Sektor verarmt auch in reichen Ländern, die Kriegsgefahr wächst und die staatliche Überwachung nimmt kafkaeske Züge an; aber für die Linke gibt es angeblich keine identitätsstiftenden Themen mehr. Wer so etwas behauptet, will vermutlich Schwarz-Grün herbeischreiben und verabschiedet sich von jedem emanzipatorischen Projekt. „In der Mitte ist es verdammt eng“, schreibt Ines Pohl. Das gilt nicht nur für die Grünen, das gilt auch für die taz.

ROLAND STARK, Eltville

Chance für den Journalismus

■ betr.: „Ohne Ideen und ohne Machtoptionen“, taz vom 25. 6. 14

Große Koalition = Großer Mist – nicht nur für die Opposition – auch für die Demokratie! Allerdings: Große Chance für den Journalismus!

Nach einem Vortrag von Volker Hassemer, Zitat: „Nach Stuttgart 21 bleibt nichts mehr, wie es war“, und nach den letzten Volksentscheiden in Berlin weiß ich zumindest, dass sich etwas entwickelt. Was bedeutet „Macht“ in der Demokratie? Müssen Ideen von Menschen kommen, die sich in der Parteiendemokratie hochgedient haben? Nein! Sie werden von der Basis kommen, vom „Schwarm“. Nicht die Vergangenheit analysieren – sondern Vordenken. Sie schreiben ja ganz richtig: Es gibt genügend Themen: von TTIP bis zur Flüchtlingspolitik – von der Teilhabe an gesunden Nahrungsmitteln, an Wasser und Energie bis zur gerechteren Verteilung des Kapitals. Genau das ist die Bandbreite. Leider haben Sie das nur in einem Satz angerissen.

Von Journalisten sollten nicht nur die parteipolitischen Optionen durchdacht werden, sondern auch die basisdemokratischen. Es wird immer weniger Menschen geben, die sich in Parteien engagieren wollen. Aber, so scheint es mir zumindest, immer mehr, die „machen“, ohne „Macht“ zu haben. NORBERT VOSS, Berlin

Brutal, aber nicht erfolgreich

■ betr.: „Harter Strahl gegen den Kopf“, taz vom 24. 6. 14

Das Räumen des Parks gelang trotz der ganzen Brutalität nicht, es waren zu viele Demonstrierende da und es kamen bis spät in die Nacht immer wieder Leute dazu. MANUELA KUNKEL, Stuttgart

Unsichtbare Frauen

■ betr.: „Harter Strahl gegen den Kopf“, taz vom 24. 6. 14

Es ist erfreulich, dass die taz auf den ersten zwei Seiten der Montagsausgabe anlässlich des Prozessbeginns nach vier Jahren in großen Artikeln über den folgenschweren Einsatz von Wasserwerfern durch die Polizei bei der Demo am 30. 9. 2010 im Stuttgarter Schlossgarten berichtet. Vielerlei friedliche Proteste gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21 gibt es bis heute, vorneweg die Montagsdemos, mit Kundgebung auf dem Marktplatz in Stuttgart und anschließendem Zug durch die Stuttgarter Innenstadt. Ankündigungen und Berichte dazu vermisse ich in der taz – Rubrik „Was macht die Bewegung ?“

Ungefähr die Hälfte der Demonstrierenden waren damals und sind heute noch Frauen! Auch meine Nichte hatte den Rücken voller blauer Flecken, weil sie auf der Flucht von einem Wasserstrahl getroffen wurde. Die taz-Journalistin schreibt aber nur von Demonstranten, Projektgegnern, Senioren, Schülern … Was für ein Rückschritt in der Sprachregelung der taz, die doch als erste Zeitung gegen manche Proteste schon vor 30 Jahren das große I eingeführt hat, zum Beispiel DemonstrantInnen, damit in der Sprache auch die Frauen repräsentiert werden! Selbst die Ulmer Stadtverwaltung hat schon vor Jahren einen Flyer zur geschlechtergerechten Sprache herausgegeben. Dort ist zu erfahren,dass es zum Beispiel nicht immer die männliche und die weibliche Form sein muss, sondern dass das Partizip Präsens in vielen Fällen hilft! Das Argument, es werde zu viel Platz benötigt, zählt dann nicht mehr. Ein gutes Beispiel findet sich in der letzten sonntaz im Bericht über den Fluglärm. Da schreibt eine andere Journalistin „die Anwohnenden“, statt „die Anwohner“. Vielleicht gewöhnungsbedürftig, aber zeitgemäß und gerecht!

BÄRBEL FORTMANN, Ulm