Zeugen für illegale Deals

300.000 Euro Provision sollte der verhaftete Ex-Geschäftsführers des Klinikums Ost bekommen, weil er einem Tischler einen Auftrag in Millionenhöhe zugeschanzt hatte, wie dieser jetzt aussagte

Lindners Nachfolger: „Ich hatte befürchtet, dass man ihm das Geschäft mit den Nachtschränken nicht nachweisen kann.“

von Eiken Bruhn

Der Verdacht bestand schon lange, doch jetzt hat er sich aufgrund von Zeugenaussagen erhärtet: Der Donnerstag wegen Flucht- und Verdunklungsgefahr verhaftete Ex-Geschäftsführer des Klinikums Ost, Andreas Lindner, soll in großem Stil Gelder veruntreut haben und Vorteile gewährt haben. Dabei ist nach Auskunft der Staatsanwaltschaft ein Schaden von mindestens zehn Millionen Euro entstanden.

Einen Hinweis auf die illegalen Machenschaften Lindners gab dabei laut Staatsanwaltschaft der Geschäftsführer des Tischlerunternehmens, bei dem Lindner 1.000 Multimedia-Schränke im Wert von fünfeinhalb Millionen Euro bestellt hatte – für die das Klinikum gar keine Verwendung hatte. In seiner Vernehmung als Zeuge habe der Unternehmer ausgesagt, dass Lindner von dem Tischler eine Provision habe kassieren wollen, sagte gestern der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Jörn Hauschild.

300.000 Euro sollten an Lindner dafür fließen, dass die Firma Schränke für Krankenzimmer gebaut hätte, in die diese gar nicht herein gepasst hätten. Gebaut wurde offenbar nur ein Ansichtsexemplar, nichtsdestotrotz will die Firma gerichtlich die Einhaltung des Vertrags durchsetzen.

Der Geschäftsführer des Klinikums Ost, Uwe Schmidt, zeigte sich gestern zuversichtlich, dass seine Klinik den Rechtsstreit gewinnen kann und nicht für die Geräte zahlen muss, da das Geschäft im Gesamtzusammenhang als sittenwidrig bewertet werden könne. Die Verhaftung Lindners und die veröffentlichten Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft seien für ihn und die Klinikmitarbeiter eine positive Nachricht gewesen, sagte Schmidt. „Ich hatte befürchtet, dass man ihm das Geschäft mit den Nachtschränken nicht nachweisen kann.“

Keine Überraschung war die Nachricht von der Verhaftung Lindners für den im Juli von der Gesundheitsheitssenatorin beauftragten Sonderermittler Hans-Jürgen Ziemann. „Das musste früher oder später passieren.“ Dass Lindner für die Nachtschränke eine Provision bekommen sollte, habe er vermutet. „Irgendeinen Vorteil musste er durch das Geschäft haben.“

Das Prinzip, sich durch diverse Deals auf illegale Weise finanzielle Vorteile zu verschaffen, zieht sich durch Lindners gesamte Tätigkeit in nicht einmal zwei Jahren am Klinikum Ost. Untreue in mindestens 18 Fällen wirft ihm die Staatsanwaltschaft vor. Wie berichtet pflegte Lindner Gutachterverträge über hohe Honrare mit Firmen abzuschließen, die zum Teil ihm oder seiner Frau gehörten. Zum Teil seien dabei auch Gelder als „Kickback-Zahlungen“ an ihn zurückgeflossen, wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Hauschild, gestern sagte. Nach den bisherigen Ermittlungsergebnissen handele es sich dabei um mehr als 830.000 Euro. Im Laufe der Ermittlungen habe Lindner außerdem eingeräumt, Eigentümer der Siekertal-Klinik in Bad Oeynhausen zu sein. Dieser überwies er insgesamt 817.454 Euro.

Weiterhin wirft ihm die Staatsanwaltschaft vor, dem damaligen Chef der Holding, in der alle vier Bremer Kliniken zusammen gefasst sind, Wolfgang Tissen, 87.500 Euro als Vorteil gewährt zu haben. Gegen diesen wird wegen der Annahme des Geldes ebenfalls ermittelt.

Die Marseille-Kliniken AG, für die Lindner seit November 2006 als Geschäftsführer von Reha-Kliniken tätig ist, hat ihn am Mittwoch bis auf weiteres von seinen Aufgaben entbunden, bestätigte die Unternehmenssprecherin Meike Hohenbrink. Ob er weiter Gehalt beziehe, könne sie nicht sagen. Dass gegen Lindner Ermittlungen laufen, sei bei seiner Einstellung bekannt gewesen, so Hohenbrink. „Das ging ja durch alle Medien.“ Allerdings habe es keinen Anlass gewesen, an Lindners Kompetenzen zu zweifeln.

Am Mittwoch soll Lindner vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Klinik-Affäre aussagen. Unklar ist noch, ob er aufgrund der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen die Aussage verweigern wird. Sein Anwalt wollte gestern noch keine Stellung zu den Vorwürfen und der Verhaftung beziehen.