bremen ist weltmeister
: Die Glamour-Sportler

So spielt das Leben: 2004 waren sie Zweite, und alle Pressedienste haben es gemeldet. 2005 sind sie wieder Vize-Champion geworden – und die Agenturen schickten längliche Berichte über die knappe Niederlage der Bremer. Als das A-Team aber Anfang Dezember in heimischer Halle erstmals die Litauer bezwang, war kein Korrespondent vor Ort, um es in die Welt hinauszuposaunen: Bremen ist Weltmeister. Genau genommen: Latein-Weltmeister.

Also müssen die Damen und Herren von Grün-Gold jetzt selbst durch die norddeutsche Provinz, um ihren frisch erworbenen Ruhm bekannt zu machen. Heute gastieren sie in Verden. „Sport und Schau“ heißt die Veranstaltung. Und wenn Landesinnenminister Uwe Schünemann doch nicht kommt, um die verheißenen „Höchstleistungen“ zu begutachten, dann schickt er wenigstens seinen Staatssekretär.

Der Titel des Latein-Weltmeisters hat mit Konjugieren nichts zu tun, höchstens mit Deklinieren, im Wortsinn: Logisch, dass die Mitglieder der Formation biegsam bleiben müssen und sich die Tänzer nach ihrer Darbietung verbeugen. Aber wichtiger sind Strass, Schweiß, Ausschnitte bis zum Bauchnabel und spachtelweise Make-up. Ohne Musik läuft auch nichts: Den Sound des Boxer-Epos „Rocky“ hat Trainer Roberto Albanese ausgesucht.

In der Hauptsache aber geht es ums Tanzen: Den verteufelt wechseltaktigen Samba, den rasanten Paso Doble und einfache Sachen wie Rumba, Chachacha und Jive. Das alles kann auf der Welt niemand besser als die BremerInnen, die für den vor 75 Jahren gegründeten Club übers Parkett schwingen. Sind Norddeutsche aber nicht von Geburt an mit Hüftsteifheit geschlagen?

Nein, das lässt sich nicht verallgemeinern. Denn weder Niedersachsen noch Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern oder gar Hamburg haben ein bundesligataugliches Team. Der schärfste Rivale der Grün-Goldenen hingegen, das Team, das ihnen im Schnitt alle zwei Jahre den deutschen Meistertitel abluchst, und ihnen bei der WM als Dritter sogar gefährlich nahe gekommen ist, kommt aus Bremerhaven. Das ist schon ein Bremer Phänomen: Wahrscheinlich, so lässt sich folgern, gedeiht ein Glamour-Sport einfach am besten im Operetten-Staat. bes