Polit-Intrigen bei Gesundheitsreform

Nicht nur der Süden will es tun: Auch Niedersachsen wird im Bundesrat „Nein“ sagen, weil die FDP die Existenz etlicher Krankenhäuser der Region in Gefahr sieht. Die Kosten des Fonds bewertet das Land anders als Hamburg

Gesund ist das kaum für den Föderalismus: Beim Streit um die Gesundheitsreform zeichnet sich ein uneinheitliches Vorgehen der Nord-Länder ab. Der Chef der schwarz-roten Koalition in Kiel, Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU), sieht keine finanziellen Belastungen für das Land und damit „zur Zeit keinen Grund, warum Schleswig-Holstein der Reform nicht zustimmen sollte“.

Für die niedersächsische Ablehnung „der völlig verkorksten Reform“ im Bundesrat reiche das Njet der Gelben, betonte dagegen der Landes- und Fraktionschef der Niedersachsen-FDP, Philipp Rösler – und stützt damit die Position der Bundes-FDP. Allein die niedersächsischen Krankenhäuser kostet die Reform laut Rösler 300 bis 400 Millionen Euro. Da auch Mehrwertsteuer- und Tariferhöhungen die Kliniken belasteten, seien bis zu einem Viertel gefährdet.

Dabei wird Niedersachsen, anders als die ebenfalls mit Ablehnung drohenden Süd-Länder laut der neuen Analyse der Sachverständigen Bert Rürup und Eberhard Wille durch die Reform sogar entlastet. Kam ein Gutachten des Kieler Instituts für Mikrodaten-Analyse noch zu dem Ergebnis, dass dem Land durch den Gesundheitsfonds Mehrausgaben in Höhe von 350 Millionen bis 2,6 Milliarden Euro entstehen, kommt die neue Studie sogar auf ein Plus von 34,5 bis 46,1 Millionen Euro. Der Gesundheitsfonds, der ab 2009 starten soll, soll für mehr Wettbewerb und eine gerechtere Lastenverteilung zwischen den Kassen sorgen. Das Gesundheitsministerium in Hannover ist vorsichtig: Die „Validität beider Gutachten ist für das Land schwer nachzuprüfen“, sagte ein Sprecher von CDU-Ministerin Mechthild Ross-Luttmann.

Anders bewertet das CDU-geführte Hamburg die Zahlen von Rürup/Wille, nach denen die reiche Hansestadt mit 28,8 bis 36 Millionen Euro belastet wird: „Das deckt sich weitgehend mit den Berechnungen des Bundesversicherungsamtes“, sagte der Sprecher der Gesundheitsbehörde, Hartmut Stienen. Hamburg werde daher mit Ja stimmen. „Hasenfüßigkeit“ und heimliche Putschgelüste gegen Berlin warf der grüne Fraktionschef Stefan Wenzel Niedersachsens CDU-Ministerpräsident vor: Christian Wulff verstecke sich hinter seinem Koalitionspartner FDP, um die Große Koalition zu destabilisieren. Wenzel: „Man muss die Gesundheitsreform aber aus inhaltlichen Gründen ablehnen – und nicht aus taktischen Motiven.“ KAI SCHÖNEBERG

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