Bush präsentiert neue Köpfe für den Irak

Wenige Tage vor der Verkündung seiner Irak-Strategie wechselt der US-Präsident zahlreiche Schlüsselpositionen aus

WASHINGTON taz ■ Obgleich zwei Monate nach der US-Wahl noch immer nicht klar ist, wie US-Präsident George W. Bush die Lage im Irak meistern will, deuteten am Donnerstag zahlreiche Personal-Revirements Veränderungen an. Kurz vor der für Dienstag erwarteten Bekanntgabe seiner Irak-Kurskorrektur hat Bush Umbesetzungen in Schlüsselpositionen der Diplomatie, des Geheimdienstes und Militärs vorgenommen.

Zalmay Khalilzad, seinen derzeitigen Botschafter in Bagdad und alten Weggenossen der Neokonservativen, will Bush voraussichtlich kommende Woche zum Botschafter der USA bei den Vereinten Nationen ernennen, teilte ein ranghoher Mitarbeiter im US-Außenministerium mit. Schon gestern wollte Bush den bisherigen US-Geheimdienstkoordinator John Negroponte als neuen Vizeaußenminister präsentieren.

Als aussichtsreichster Kandidat für Khalilzads Nachfolge als US-Botschafter im Irak gilt der bisherige Missionschef in Pakistan, Ryan Crocker. Der 57-jährige Diplomat spricht fließend Arabisch und war Botschafter im Libanon, in Kuwait und in Syrien. Der afghanischstämmige Khalilzad, ein sunnitischer Muslim, war seit Juni 2005 US-Botschafter im Irak. Als UN-Botschafter würde er die Nachfolger des unbeliebten Republikaners und Neokonservativen John Bolton antreten. Boltons erneute Nominierung hatten die Demokraten im Dezember abgelehnt. Khalilzad muss noch vom US-Senat bestätigt werden.

Negropontes Wechsel ins Außenministerium müsste ebenfalls vom Senat bestätigt werden. Die Stelle des Vizeaußenministers ist seit dem Rücktritt von Robert Zoellick, dem früheren US-Handelsbeauftragten, im Juni 2006 nicht besetzt und gilt als Schlüsselposition zur Implementierung einer neuen US-Irak-Politik.

Der 67-jährige Negroponte kennt sich aus im Land. Von 2001 bis 2004 dient er als UN-Botschafter und anschließend bis April 2005 als Missionschef in Bagdad. Zuvor war er vier Jahrzehnte lang als Karrierediplomat an Brandherden in der ganzen Welt eingesetzt worden. Kritiker verwiesen wiederholt auf seine zwielichtige Rolle als Botschafter in Honduras in den 80er-Jahren. Damals baute die US-Regierung unter Ronald Reagan das zentralamerikanische Land mit massiver Militärhilfe zu einer Bastion gegen die linksgerichteten Sandinisten in Nicaragua aus. Negroponte wird bezichtigt, die Menschenrechtsverstöße des honduranischen Militärregimes und die Aktivitäten ultrarechter Todesschwadronen billigend in Kauf genommen zu haben.

Nachfolger Negropontes, der als jetziger Chef der 16 nationalen US-Geheimdienste noch keine Erfolge vorweisen konnte, soll Michael McConnell, Vizeadmiral im Ruhestand, werden. McConnell leitete von 1992 bis 1996 den für elektronische Spionage zuständigen Geheimdienst NSA. Der neue Geheimdienstkoordinator wird großes Durchsetzungsvermögen benötigen. Denn unter den Geheimdiensten gibt es starke Rivalitäten.

Auch beim Militär deuten personelle Umsetzungen Veränderungen in der künftigen Strategie an: Der 62-jährige Admiral William Fallon, früherer Chef der US-Streitkräfte im Pazifik, soll laut Medienberichten General John Abizaid als Oberbefehlshaber des für Afghanistan und Irak zuständigen US-Zentralkommandos (Centcom) ablösen. Der 54-jährige Generalleutnant David Petraeus soll den bisherigen US-Oberkommandierenden im Irak, General George Casey, ablösen. Petraeus promovierte in Princeton in Internationalen Beziehungen. Erfolge erzielte er zwischen Juni 2004 und September 2005, als er für die Ausbildung der neuen irakischen Armee und Polizei zuständig war.

ADRIENNE WOLTERSDORF

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