Profi in Musik, Amateur im Sein

Schranken fielen in den USA der sechziger Jahre nicht nur zwischen den Rassen. Auch innerhalb der schwarzen Gemeinschaft wurden Grenzen überwunden, etwa die strikte Trennung zwischen Gospelmusik und Rhythm & Blues, zwischen dem von Sünden gereinigten Lobpreisen des Herrn und der Devil’s Music, die sich mit den stetigen Verlockungen des Weltlichen auseinandersetzte.

Auch der 1944 in Cleveland geborene Bobby Womack sang mit seinen Brüdern zunächst in einem Gospelquartett, bevor ihn der Soulsänger Sam Cooke als Gitarrist für seine Band rekrutierte. Nach Cookes gewaltsamem Tod 1964 arbeitete Womack in den großen Studios und schrieb unter anderem für Aretha Franklin Songs. Für die Rolling Stones schrieb er den Welthit „It’s all over now“. Ein gründlicher, ein herausragender Komponist.

Seine Solokarriere verlief holpriger. Erst 1971 veröffentliche Womack sein Debütalbum „Communications“ – aber was für eins. Es hat Soul, aber es kommen darin auch Country- und Western-Anteile zum Vorschein. Was vor allem Womacks Stimme geschuldet ist: Sie klingt tiefenentspannt, dabei auch noch in der heftigsten Zerknirschung einschmeichelnd.

Als Musiker war Womack ein ausgebuffter Profi, in seinem Privatleben dagegen eher amateurhaft: Er war der Mann, der Sam Cookes Witwe wenige Wochen nach dessen Tod heiratete und dafür von seiner Familie verstoßen wurde. Dessen Lieblingsbruder Harry ermordet wurde, wovon er sich nie wieder erholen sollte. Dessen Song „Woman’s gotta have it“ das Recht auf weibliche Lust formulierte, dessen Ehen aber scheiterten. Dessen Kokainsucht ihn immer wieder abstürzen ließ. Immer berappelte sich dieser Womack wieder und veröffentlichte ein neues Album. Zuletzt „The Bravest Man in the Universe“ (2012).

Und dann komponierte er auch den Soundtrack für einen der schönsten schwarzen Gangsterfilme, „Across 110th Street“ (1973). Sein Regisseur, Barry Shear, ist heute vergessen, aber Womacks Titelsong wurde in Quentin Tarrantinos Film „Pulp Fiction“ nochmals verewigt. Sein Interpret, Bobby Womack, ist am Freitag gestorben, er wurde 70 Jahre alt. JULIAN WEBER