Spanische Skepsis

König und Premierminister pessimistisch nach letztem ETA-Anschlag. Opposition wirft Regierung „Fehler“ vor

MADRID taz ■ Nach dem jüngsten Anschlag der baskischen Separatistengruppe ETA in Madrid mehren sich in Spanien die sorgenvollen Appelle. Spaniens König Juan Carlos rief am Samstag alle Parteien zur Einheit auf. „Gemeinsam werden wir mit dem Terrorismus Schluss machen“, sagte der Monarch anlässlich des Neujahrsempfangs der spanischen Armee. „Die terroristische Barbarei wird unseren Glauben in die Demokratie nie brechen. “

Am Samstag davor waren bei einem ETA-Anschlag auf den Flughafen von Madrid zwei Menschen – Immigranten aus Ecuador – getötet worden, als ein Parkhaus völlig einstürzte. „Sie lebten in unserem Land mit dem Traum von einer besseren Zukunft für sich und ihrer Familien“, erinnerte der König an die Opfer des Attentats, das einen neunmonatigen Waffenstillstand der ETA und den Dialog zwischen ETA und der spanischen Regierung beendete. Der Leichnam des 19-jährigen Diego Armando Estacio wurde am Samstag in seine Heimat ausgeflogen. Der Sarg des anderes Opfers, des 35-jährigen Carlos Alonso Palate, war bereits am Donnerstag überstellt worden.

Am Rande des Empfangs sprach Spaniens sozialistischer Premier, José Luis Rodríguez Zapatero, in einem Nebenraum erstmals davon, dass „der Friedensprozess an sein Ende“ gelangt sei. In den Tagen nach den Anschlägen hatte Zapatero immer wieder offen gelassen, ob er auch nach dem Anschlag weiter verhandeln wolle.

Zapatero verteidigt auch weiterhin seine Politik gegenüber ETA: „Nichts deutet darauf hin, dass es einen Fehler gegeben hat“, erklärte er, obwohl seine Regierung mehrfach über Warnungen der französischen Polizei sowie einen Sprengstofffund im Baskenland hinwegsah.

„Es ist sehr besorgniserregend, dass der Regierungschef nicht in der Lage ist, Fehler einzugestehen“, kritisiert der Sprecher der konservativen Volkspartei (PP), Gabriel Elorriaga, Zapateros Auftritt. Zapatero müsse unverzüglich vor dem Parlament Erklärungen über den gescheiterten Friedensprozess und die Rückkehr ETAs zur Gewalt abzugeben. Die PP war von Anfang an gegen den Dialog mit ETA. Die Beziehungen zwischen konservativer Opposition und sozialistischer Regierung erreichten einen Tiefpunkt, nachdem Zapatero letztes Jahr den von beiden Parteien 2000 unterzeichneten Antiterrorpakt aufkündigte.

Auch das ETA-Umfeld meldete sich am Wochenende zu Wort. Trotz Verbot hielt die Gruppe „Askatasuna“ (Freiheit) im baskischen San Sebastián eine Solidaritätsdemonstration mit den rund 500 ETA-Gefangenen ab. Es kam zu heftigen Zusammenstößen mit der Polizei. Ein Sprecher forderte Zapatero auf, „keine voreilige Entscheidungen zu treffen, die eine Hypothek für die Zukunft darstellen könnten“.

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