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: Schluss mit Grabesstille

Elke Hannack ist nicht Gabriele Pauli. Sie ist Gewerkschafterin und keine fränkische Quertreiberin. Anders als sein bayerischer Kollege Edmund Stoiber muss Jürgen Rüttgers deshalb keine Revolte seiner CDU-Basis fürchten, keinen Interview-Marathon seiner Gegner und keinen Medien-Hype. Es geht ja nur um den Umgang mit dem Personal in der Landesverwaltung und nicht um Intrigen und persönliche Feindschaften. Und doch stellt es auch in NRW mittlerweile eine bemerkenswerte Ausnahme dar, wenn es Parteifreunde wagen, den Ministerpräsidenten zu kritisieren.

KOMMENTAR VON KLAUS JANSEN

Es ist gut, dass die Union auch in ihrem größten Landesverband die innerparteiliche Grabesstille aufgibt und zu diskutieren beginnt. Schade ist nur, dass sich der Arbeitnehmerflügel ausgerechnet beim Thema Landespersonal meldet. Zwar müssen die eigenen Behörden beim Sparkurs der Landesregierung besonders leiden – doch eigentlich bezweifelt niemand, dass besser bei der Verwaltung gekürzt wird als anderswo. Im Gegenteil: Finanzminister Helmut Linssen bekommt auch von Gegnern Respekt gezollt für den Mut, das heikle Thema Personal anzugehen.

Es ist verwunderlich, dass die gewerkschaftsnahen CDUler ausgerechnet jetzt aufbegehren. Sicher, mit der Einschränkung der Mitspracherechte von Personalräten attackiert Rüttgers ein christsoziales Symbol. Der Verkauf von Landeswohnungen und die Kürzungen bei Kindern und Jugendlichen aber lässt sich genauso schwierig mit der konservativen Soziallehre vereinbaren – und ging ohne Protest der Unionsmitglieder über die Bühne. Woran‘s liegt? Natürlich daran, dass sich die CDU-Linken dem Verwaltungspersonal in besonderer Weise verbunden fühlen. Und doch ist die Kritik an Rüttgers mehr als schlichtes Lobbying für eine beliebte Klientel. Es scheint, als höre die Basis auf, den Widerspruch von sozialer Rhetorik und kühlem Regierungshandeln zu tolerieren. Das wäre ein Fortschritt – egal, wie strittig der Anlass ist.