Eine kleine Reform – doch „hopp oder top“ bleibt

ARBEIT Junge Wissenschaftler haben kaum feste Stellen. Die SPD will helfen – aber nur ein bisschen

„Wir stellen fest, dass das Gesetz zum Teil missbraucht wird“

SIMONE RAATZ, SPD

BERLIN taz | Christoph Mauersberger hat Glück. Der Politikwissenschaftler promoviert an der Freien Universität Berlin und ist als wissenschaftlicher Mitarbeiter angestellt. Befristet natürlich, wie 90 Prozent seiner Kollegen. Doch sein erster Arbeitsvertrag lief immerhin über vier Jahre. „Ich bin ziemlich privilegiert“, sagt Mauersberger. Denn mehr als die Hälfte der befristeten Verträge läuft nicht einmal ein Jahr. Die SPD will das jetzt ändern und das Wissenschaftszeitvertragsgesetz, die rechtliche Grundlage für Verträge von wissenschaftlichen Mitarbeiter an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, noch in diesem Jahr novellieren.

Das Gesetz sieht vor, dass Doktoranden vor und nach ihrer Promotion jeweils sechs Jahre lang auf Zeit beschäftigt werden dürfen. Danach müssten sie eine unbefristete Stelle bekommen oder die Uni verlassen. Es sei denn – und diese Hintertür hat erst das seit 2007 geltende Gesetz eröffnet –, sie arbeiten in einem Forschungsprojekt, das nicht aus dem Grundetat der Uni, sondern über sogenannte Drittmittel finanziert wird. Da die Hochschulen zunehmend auf Drittmittel angewiesen sind, wächst die Zahl der befristeten Stellen.

„Wir stellen fest, dass das Gesetz zum Teil missbraucht wird“, sagte die Berichterstatterin der SPD-Fraktion, Simone Raatz, als sie am Montag in Berlin Eckpunkte zur Reform des WissZeitVG vorstellte. Demnach sollen Promotionsstellen für mindestens zwei Jahre ausgeschrieben werden und die Drittmittelverträge an die Laufzeit der Projekte angepasst werden. Die 6-plus-6-Jahres-Regelung wird aber nicht angetastet.

Auch beim Koalitionspartner will man dem Trend zu immer kleineren Stellenschnipseln Einhalt gebieten, ist aber zurückhaltend mit einer Novellierung des WissZeitVG. „Wir fragen uns, ob das das geeignete Instrument ist“, sagt Tankred Schipanski, CDU-Abgeordneter im Bildungsausschuss. So könnte man beispielsweise den außeruniversitären Forschungsinstituten über den Pakt für Forschung und Innovation, der gerade neu verhandelt wird, Auflagen machen.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft begrüßt dagegen die SPD-Vorschläge, ist aber enttäuscht, dass die SPD keine Vorschläge zur Ausgestaltung der familienpolitischen Komponente mache. Nachwuchswissenschaftler, die kleine Kinder erziehen, können pro Kind eine Vertragsverlängerung von zwei Jahren bekommen. Die maximale Befristungsdauer verlängert sich entsprechend.

Auch Mauersberger will Erziehungsurlaub nehmen. Aber erst nach der Promotion. Seine Uni wende die familienpolitische Komponente nämlich grundsätzlich nicht an. ALE