Aus den Fehlern gelernt? Pixelpark-Gründer Paulus Neef bastelt an einer Solokarriere mit Handy-Fernsehen. Sein altes Unternehmen setzt auf Bewährtes
: Die Arbeitsplätze gingen futsch – das Selbstvertrauen der Chefs blieb

Gut gebräunt, Kurzhaarschnitt, tadelloser Anzug über dem leger geöffneten Hemd. Paulus Neef sieht man seine 45 Jahre nicht an. Der schlanke Unternehmer residiert mit seiner Firma „Neva Media“ in der dritten Etage des repräsentativen „Dom Aquaree“ am Lustgarten. In den weitläufigen Büros ist es leer, außer der Assistentin arbeiten dort nur er und sein Partner Bernd Curanz. Glaubt man Neef, wird es bei Neva Media bald richtig brummen. „Ich habe ein Riesennetzwerk“, sagt Neef. „Wenn es losgeht, kriege ich sofort die allerbesten Mitarbeiter zusammen.“

Neef hat eine Vision, die er mit energischen Strichen auf einem Blatt Papier skizziert: Internetfernsehen. Der Unternehmer malt Linien, Ebenen und Kreise. Er hat sich gleichzeitig für eine Sendelizenz bei der Medienanstalt und für eine Plattformlizenz beworben, um Handybesitzer mit selbstproduzierten Inhalten berieseln zu dürfen. Im Laufe dieses Jahres fällt die Entscheidung.

Mit der Frage, was passiert, wenn er keine Lizenz bekommt, hält sich Neef gar nicht erst auf. Es muss einfach klappen. Falls nicht, fängt er eben wieder etwas Neues an, darin hat er Übung. Neef gründete 1991 in einem Wilmersdorfer Gartenhaus mit einem Kumpel seine erste Internetfirma. Der Internet-Dienstleister Pixelpark entwickelte sich schnell zu einem der lukrativsten Unternehmen der Branche: Man eröffnete Zweigstellen in Hamburg, Frankreich, England sowie der Schweiz und holte Bertelsmann als Großaktionär ins Boot.

Mitte 2000 beschäftigte das Vorzeigeunternehmen 1.200 Mitarbeiter weltweit. Am Neuen Markt stieg die Aktie in schwindelerregende Höhen – doch 2001 kam der Absturz. Drohende Pleite, Massenentlassungen. Ende 2002 ging Neef im Streit.

Danach wurde das ehemalige Idol in der New-Economy-Szene über Nacht zur Persona non grata. Bei der Frage nach „damals“ stellt Neef die Augen unscharf und blickt hinaus auf das Rote Rathaus. „Plötzlich war ich allein. Die Medien, die mich vorher bejubelt hatten, erklärten mich zum Sündenbock der ganzen Branche.“ Neef fühlt sich heute noch ungerecht behandelt. In den USA werde nur bestraft, wer nach dem Hinfallen nicht mehr aufstehe. In Deutschland nehme man einem Unternehmer das Hinfallen ewig übel, klagt er.

Darauf angesprochen, dass Pixelpark seit letztem Jahr wieder schwarze Zahlen schreibt, wird Neef schmallippig. Die Strategie des neuen Vorstands Michael Riese, Konkurrenzfirmen aufzukaufen, findet er falsch: Besinnungsloses Wachstum habe schon einmal zum Fall geführt.

„Wir haben aus den Fehlern gelernt“, widerspricht Pixelpark-Sprecher Christoph Ringwald, der im großzügigen Konferenzraum der Zentrale Zuversicht demonstriert. Im Berliner Standort an der Oberbaumcity arbeiten knapp 100 von insgesamt 285 Mitarbeitern, 2004 waren es nur noch ein paar Handvoll. „Wir sind auf Platz drei der umsatzstärksten Multimedia-Agenturen“, sagt Ringwald. Zur Illustration wirft er die Motti der Hauptversammlungen an die Wand: 2003 hieß es: „Pixelpark lebt!, 2005: „Pixelpark vollzieht den Turnaround!“, für dieses Jahr lautet das Motto: „Pixelpark wächst!“

Ringwald spricht von Kunden wie dem ZDF, DaimlerChrysler und dem Bundeswirtschaftsministerium, von den drei Dienstleistungssäulen Agentur, Beratung und Systemtechnologie. Als ihn bei Begriffen wie Application-Hosting und Anwendungsentwicklung verständnislose Blicke treffen, muss er lachen: „Branchenfremden zu erklären, was wir hier im Detail leisten, ist eine Herausforderung.“ Doch was er beim Weg nach draußen sagt, versteht jeder: „Mittelfristig streben wir die Marktführerschaft an.“ Paulus Neef mag bei Pixelpark Geschichte sein, sein Selbstbewusstsein ist es nicht.

NINA APIN