WETTKAMPF UM DEN TITEL „FAMILIENFREUNDLICHSTE VOLKSPARTEI“
: SPD macht schon Wahlkampfversprechen

Die SPD-Pläne klingen bestechend. Ab 2010 sollen alle Kinder nach dem ersten Geburtstag ganztags Platz in einer Kita finden. Dieser Rundum-Dienst soll in einigen Jahren sogar kostenlos sein – und der Anspruch einklagbar. Beginnt nun also eine neue Hoch-Zeit der Familienfreundlichkeit?

Solche Euphorie wäre verfrüht. Denn bislang bezeugen die Pläne vor allem eins: wie vehement derzeit der Wettstreit tobt, als die progressivste Partei in Sachen Kinderförderung zu gelten. Die Abgrenzung ist für die SPD umso dringlicher geworden, als längst auch die CDU einst sozialdemokratische Themen wie den Kita-Ausbau besetzt.

Zudem spricht aus den Plänen die Sehnsucht nach einem Thema, das sich Wählern gut verkaufen lässt. Von der Kita-Frage sind nicht nur viele betroffen. Anders als bei der Gesundheitsreform begreift jeder sofort, worum es geht. Und die Kernidee findet breite Zustimmung. Fast niemand bestreitet, dass mehr Krippen ein Weg sind, benachteiligten Kindern einen besseren Start ins Leben zu ermöglichen. Für die Konjunktur dieses Gedankens spricht auch, dass viele Bundesländer Pläne einer kostenlosen Kinderbetreuung diskutieren.

Doch das neue SPD-Programm ist bisher kaum mehr als ein nett zu lesender Wunschzettel. Ob der je Wirklichkeit wird, ist ungewiss. Nicht ohne Grund hat die SPD die Einführung der kostenfreien Kita ins ferne 2010 verlagert – also in die nächste Legislaturperiode. Dass entbindet sie von der Pflicht, abseits wolkiger Absichtserklärungen mit Konkretem aufzuwarten.

Wie schwer es fällt, reale Fortschritte zu erreichen, zeigt die aktuelle Zwischenbilanz zum Kitaausbau. Bis zum Jahr 2010 soll es für jedes fünfte Kind unter drei einen Kitaplatz geben – so steht es im Gesetz. Doch ob das gelingt, ist noch keineswegs sicher. Umso schlechter stehen die Chancen für weitgehendere Pläne.

Es ist ja nicht falsch, wenn eine Partei nach hohen Zielen strebt. Entscheidend aber ist die Praxis. Bekundungen guten Willens machen sich zwar gut auf Wahlplakaten. Den Familien aber helfen sie nicht. COSIMA SCHMITT