Kita-Träger für freieren Markt

SOZIALES Kirche und freie Träger fordern einen Systemwechsel bei der Kinderbetreuung: Vorbild sei das Hamburger Gutschein-Modell

„Dem Wettbewerb stellen wir uns“

Arnold Knigge, LAG der freien Wohlfahrtspflege

Kindergärten sollen ihr Angebot stärker an Elternwünschen ausrichten. Das wünschen sich die freien Träger von Kindertageseinrichtungen in Bremen. Man wolle sich an Hamburg orientieren, das vor zehn Jahren ein Gutschein-Modell eingeführt hatte, sagten am Dienstag Carsten Schlepper, Leiter des Landesverbands evangelischer Kindertagesstätten, und Arnold Knigge, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) der freien Wohlfahrtspflege.

In Hamburg müssen sich nicht Eltern an das von der Stadt für richtig gehaltene Angebot anpassen, sondern sie bestimmen dieses mit ihrer Nachfrage. Denn dort werden die Träger pro Kind bezahlt, in Bremen bekommt die Kita eine Pauschale für alle Plätze, die die Behörde als ausreichend ermittelt hat. Das bedeutet, dass besonders häufig nachgefragte Einrichtungen ihre Plätze ausweiten können.

Schlepper vom evangelischen Träger sagte gestern, die zentralistische Steuerung hindere die Träger daran, etwa Betreuungszeiten so vorzuhalten, wie Eltern es sich wünschen. „Es gibt gerade bei den ganz Kleinen viele Eltern, die sagen, ihnen würden zwei bis drei Tage die Woche reichen, aber wir können ihnen nur fünf anbieten.“ Auch der ehemalige Sozial-Staatsrat Knigge hält es für entscheidend, dass den Trägern mehr Autonomie gegeben wird. „Mit all den Risiken, die das mit sich bringt.“ Es sei wichtig, die Interessen der Familien in den Vordergrund zu stellen und nicht die der Träger. „Dem Qualitätswettbewerb wollen wir uns stellen.“

Ändern sollte sich auch, dass nicht eine Einrichtung pauschal Geld für besondere Förderbedarfe von behinderten oder sozial benachteiligten Kindern bekommt – sondern dass pro Kind geschaut werde, was es brauche und dafür Geld zur Verfügung gestellt werde, so Knigge.

Eine Übernahme des Hamburger Modells forderten Knigge und Schlepper nicht, begründeten dies aber auch nicht.

Bernd Schneider, Sprecher von Bremens Sozialsenatorin Anja Stahmann, sagte gestern, das Hamburger Modell sei teurer. Dies hätten VertreterInnen der Hamburger Sozialbehörde gesagt. Deren Sprecher konnte dies gestern jedoch nicht bestätigen. Sein Berliner Kollege Ilja Koschembar sagte, die Übernahme des Hamburger Modells im Jahr 2006 in Berlin habe zu einer Kostensenkung geführt, da nur noch tatsächlich belegte Plätze bezahlt würden. Beide sagten, die Systemumstellung habe zu einer Qualitätssteigerung geführt.

Vor zwei Wochen hatten die Bremer Grünen gemeinsam mit der SPD flexiblere Betreuungszeiten gefordert. An der zentralen Steuerung solle jedoch festgehalten werden. Der kinderpolitische Sprecher der Grünen, Stephan Schlenker, begründete dies gestern damit, dass der Staat sonst die Kontrolle der Einrichtungen verlieren würde. Zudem würden sich freie Träger aus sozial benachteiligten Stadtteilen zurückziehen, weil dort die Nachfrage geringer sei.  EIB