hamburger szene
: Lernen von den Bayern

Der Sitzungssaal im Haus der Patriotischen Gesellschaft ist bis auf den letzten Platz gefüllt. Wer zu spät kommt, muss stehen und lehnt an der holzvertäfelten Wand hinter den Stuhlreihen. Als der Redner dann mit ein paar Minuten Verspätung in den Saal kommt, gibt es Szenenapplaus: Der bayerische Innenminister Günther Beckstein ist den Hanseaten an diesem Abend willkommen.

Der Christsoziale soll den Hamburgern etwas über die Notwendigkeit von Volksentscheiden erzählen. Denn die Bayern und ihre Staatspartei leben seit 1946 offenbar gut mit der Volksgesetzgebung. „Entscheidungen des obersten Souverän werden respektiert“, schreibt Beckstein den Hamburgern ins Stammbuch. Denn an der Elbe ist das nicht immer so.

Als die Hamburger sich 2004 für ein neues Wahlrecht und gegen den Verkauf von Krankenhäusern entschieden, wurde das vom CDU-Senat ignoriert. In diesem Punkt könnten die Hamburger, so der Vorsitzender der Patriotischen Gesellschaft Jürgen Mackelsen, von den Bayern lernen.

Befürchtungen, dass direkte Demokratie zu einer Behinderung der Regierung führe, kann Beckstein ausschließen. Vielmehr seien sich die Bürger ihrer Verantwortung bewusst, und „ihre Entscheidungen sind keineswegs schlechter als die der kommunalen Gremien“.

Für Ärger sorgt in Hamburg derzeit, dass die Stimmen nur noch in den Bezirksämtern abgegeben werden können und nicht mehr bei Unterschriftensammlungen auf der Straße. Aber auch die Bayern müssen zur Stimmabgabe auf die Amtsstube. So viel Engagement, findet Beckstein, müsse man schon erwarten können. Ilka Kreutzträger