Nord- und Ostsee werden immer wärmer

Forscher des Bundesamtes für Seeschifffahrt messen Jahr für Jahr Rekordwerte. Erhöhte Temperatur auch im Nordostatlantik. Erster deutscher Windpark auf See soll im Jahr 2008 in Betrieb gehen

In den Meeren vor unserer Haustür steigen die Wassertemperaturen. Das legen die Messergebnisse des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) nahe. Wie berichtet, gibt es Hinweise darauf, dass sich mit der Erwärmung das Artenspektrum bei den Tieren und Pflanzen ändert.

Das BSH hat im August an der Küste der Deutschen Bucht Wassertemperaturen gemessen, die drei Grad über dem für diese Jahreszeit typischen Wert von 17 Grad lagen. Satellitenmessungen haben gezeigt, dass auch die Ostsee sich ungewöhnlich stark erwärmte. Auch hier lagen die Oberflächentemperaturen um bis zu drei Grad über dem langjährigen Mittel.

Die Rekordwerte sind aus Sicht des BSH „keine Einzelfälle, sondern werden zur Regel“. Die anhaltende Warmphase hätte normalerweise längst wieder von einer Kaltphase abgelöst werden müssen. Üblicherweise trete alle acht bis zwölf Jahre eine Kaltphase ein, sagte BSH-Vizepräsident Niels-Peter Rühl. Diese seit jetzt „vier bis fünf Jahre überfällig“. Mit den drei Grad über dem Durchschnitt sei es in Nord- und Ostsee „wärmer denn je“ gewesen.

In die gleiche Richtung deuten die Befunde des BSH aus dem Nordostatlantik. Demnach waren die oberen 500 Meter des Wassers im vergangenen Jahr um 0,5 Grad wärmer als im langjährigen Mittel. Auch habe das BSH erst am Montag mit seinem Eisnachrichtendienst für die Nord- und die Ostsee begonnen, sagte dessen Präsident Peter Ehlers. „Normalerweise machen wir das ab Mitte November.“

Über die Folgen der Erwärmung könne er nur spekulieren, sagte der BSH-Präsident. Das Meer sei allerdings ein entscheidender Klimafaktor. Absehbar sei, dass sich das Artenspektrum an Tieren und Pflanzen in den Gewässern ändern werde.

Das BSH beschäftigt rund 700 Mitarbeiter in Hamburg und 200 in Rostock. Es überwacht die Meeresumwelt, erstellt Seekarten, lässt nautische Geräte zu und genehmigt die Nutzung des Meeres etwa für Windparks. Wie Ehlers sagte, hat das BSH inzwischen 15 Genehmigungen für Windparks auf See erteilt. 2008 sollen die ersten zwölf Anlagen in einem Testfeld 45 Kilometer vor Borkum in Betrieb gehen.

Voraussichtlich im 1. Halbjahr 2007 werde das BSH einen Raumordnungsplan für die ausschließliche Wirtschaftszone Deutschlands in Nord- und Ostsee vorlegen. Die Behörde ist auch an der Genehmigung der Erdgasleitung durch die Ostsee beteiligt. Gernot Knödler