Sarkozy spaltet Frankreichs Rechte

In Frankreich kürt die rechte Sammlungsbewegung UMP am Sonntag ihren Präsidentschaftskandidaten. Doch das Regierungslager ist sich keineswegs einig. Und in Umfragen liegt die Sozialistin Ségolène Royal immer häufiger vorn

Für die PS ist Sarkozy eine „Filiale der Firma Bush, ein Neokonservativer“

AUS PARIS DOROTHEA HAHN

Eine Alternative gibt es nicht. Die 337.000 Mitglieder der rechten französischen Sammlungsbewegung UMP, die in diesen Tagen ihren Präsidentschaftskandidaten per Mausklick im Internet wählen, haben nur einen einzigen Bewerber. Daher steht schon vor Abschluss der Abstimmung fest: Nicolas Sarkozy wird rechter Präsidentschaftskandidat. Am Sonntag wird ein Parteikongress Sarkozys Wandlung zum Kandidaten pompös feiern. 50.000 Parteimitglieder haben sich dazu angemeldet. Auch die meisten Regierungsmitglieder werden dabei sein.

Doch die Einigkeit der französischen Rechten ist nur Fassade. Denn Premierminister Dominique de Villepin und Parlamentspräsident Jean-Louis Debré wollen Sarkozy (51) ihre Stimme verweigern. Ihre Begründung: Möglicherweise würde Staatspräsident Jacques Chirac (74) höchstpersönlich noch einmal kandidieren. Dieser will sich noch bis März Zeit lassen, um gegebenenfalls selber für eine neue – dritte – Amtszeit im Élysée-Palast zu kandidieren. Auch Verteidigungsministerin Michèle Alliot-Marie liebäugelt noch mit einer Kandidatur außerhalb der UMP.

Beide hätten zwar nur minimale Chancen auf einen eigenen Sieg. Aber sie könnten auf jeden Fall die rechte Wählerschaft spalten und Sarkozy schwächen. In Chiracs Kreisen wird Sarkozy immer noch verübelt, dass er 1995 mit Edouard Balladur den „falschen Kandidaten“ unterstützt hat. Ihm wird auch vorgeworfen, seine Politik sei zu stark auf Washington ausgerichtet, zu weit von den traditionellen laizistischen Werten der Republik entfernt und wirtschaftlich zu liberal. Niemand hingegen verübelt, dass Sarkozy, der noch im vergangenen Jahr die EU-Verfassung unterstützt hat, heute Dinge verkündet, die im Widerspruch zu dem von den Franzosen abgelehnten Text stehen. Unter anderem will er neuerdings die Europäische Zentralbank unter politische Kontrolle stellen.

Wenige Tage vor dem 5 Millionen Euro teuren Spektakel im Pariser Messezentrum, bei dem Sarkozy inthronisiert werden soll, hat gestern mit Exregierungschef Alain Juppé ein vorerst letztes Schwergewicht der Partei erklärt, dass er ihn nunmehr unterstützt. „Ich kenne die Stärken und Schwächen von Nicolas Sarkozy. Ich schätze seine Fähigkeit zur Aktion“, schreibt Juppé.

Eine 106 Seiten lange Kritik von Sarkozys Arbeit als ehemaliger Wirtschafts- und Finanz- und als gegenwärtiger Innenminister legt heute die Sozialistische Partei (PS) vor. Das Dokument vergleicht die Versprechen von Sarkozy mit seinen mageren Ergebnissen – auch in Fragen der inneren Sicherheit. Die PS schimpft den UMP-Kandidaten eine „französische Filiale der Firma Bush, einen französischen Neokonservativen“.

Hart mit Sarkozy ins Gericht geht auch ein anderer linker Präsidentschaftskandidat, der trotzkistische Olivier Besancenot. Der Postbote in Neuilly-sur-Seine demonstrierte vor dem westlich von Paris gelegenen Rathaus der Gemeinde, weil die nicht einmal drei – statt der gesetzlich vorgeschriebenen 20 – Prozent Sozialwohnungen gebaut hat. Neuilly-sur-Seine hat zwei Besonderheiten: es ist eine der reichsten Gemeinden Frankreichs und Sarkozy war dort 19 Jahre lang Bürgermeister. Als Beinahe-Präsidentschaftskandidat hat Sarkozy gerade angekündigt, dass er im Élysée realisieren wolle, was er in Neuilly nicht getan hat. Würde er im nächsten Mai gewählt, gäbe es in Frankreich binnen zwei Jahren keine Obdachlosen mehr, sagte er angesichts der Zeltstädte, die seit Dezember vielerorts in Frankreich entstanden sind.

Sarkozys ärgste Widersacherin stahl ihm auch in dieser Woche seiner Inthronisierung wieder die Schau. Während er sich in Paris abmühte, bereiste die sozialistische Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal die VR China. Schön wie einst Benazir Bhutto ließ sie sich mit über das Haar geworfenem weißem Schal ablichten. Und klagte vor dem Hintergrund der großen Mauer die Einhaltung der „menschlichen Rechte“ in China ein. Bei Meinungsumfragen in Frankreich liegt Royal immer häufiger vor Sarkozy. Am letzten Wochenende hätten 50,5 Prozent der WählerInnen in der Stichwahl für die Sozialistin gestimmt. Nur noch 49,5 Prozent für Sarkozy.