schaut sich in den Galerien von Berlin um

NOEMI MOLITOR

Geschlecht ist dank Genderstudies vom Ausrufe- zum Fragezeichen geworden. Feminismus und Kunst stehen also nicht für „weibliche“ Perspektiven oder gar „Frauen-Kunst“. Stehen Frauen im Fokus, drängt sich die Frage auf, wer oder was Frauen sein sollen und welche gemeint sind. Es geht also darum, Sexualitäts- und Geschlechterkonstruktionen zu verkomplizieren und die bescheuerte Idee zu sprengen, es gebe nur zwei Geschlechter. So in der Performance Genital Call von Alex Giegold und Tomka Weiß in der nGbK. Sie reagieren auf britische Gerichtsurteile, die unlängst Trans*menschen, die sich beim Daten nicht als solche outeten, des (Geschlechter-)Betrugs bezichtigten und damit ihre Gender-Identität als unecht und die Protagonist_innen als potenziell kriminell einstuften. Besucher_innen beschreiben Genitalien, die eine Gerichtszeichnerin hypervisualisiert. Ob dies ein Spiegel der Genitalfixierung oder unangenehme Wiederholung ist, wird sich zeigen. (20 Uhr, Oranienstr. 25).

 Die Ausstellung Female Intervention in der Kleinen Humboldt Galerie macht klar, dass es den einen Feminismus in der Kunst nicht gibt. In ihren Fotosujets „Finding Home(s)“ persiflieren Die bösen Mösen verschiedene feministische Typen. Bücherfixierte Theoretiker_innen halten ihre Lektüre wie ein Brett vor den Kopf. Ebenso absurd erscheinen die lehrerhaft-missionarischen Gesten von Elitefeministinnen, die ihre „Schwestern“ in anderen geopolitischen Kontexten vor sich selbst (ihrer „Kultur“, „Religion“ etc.) retten wollen. Im Kontrast dazu wirkt die Dokumentation der Performance „I’ll be so glad“ des Kollektivs Der Strich, als hätten die Diskussionen um solche Machtgefälle nie stattgefunden. Die Performerinnen schlichen sich 2013 auf die Venedig-Biennale, schnallten sich einen Designertisch auf den Rücken und dienten so kniend als Champagner-Bar für VIP-Gäste, welche schnell bereit waren, von ihrem Rücken zu trinken. Dass aber Sklaverei als Metapher für Frauenunterdrückung dient, macht die Arbeit unangenehm. Die Champagnerflaschen tragen den Namen eines afroamerikanischen Freedom Songs, den die Performerinnen auch singen. Der Begleittext erklärt, der „Sklavensong“ untermale den „physischen Einsatz“. So sehr man es sich wünscht: An keiner Stelle wird die Metapher gebrochen oder als Karikatur aufgelöst – zum Beispiel jenes Moments, als weiße Suffragetten in den USA den schwarzen Feministinnen und der Abolitionsbewegung in den Rücken fielen, um ihr eigenes Wahlrecht durchzudrücken. Hier wird der Feminismus selbst zum Fragezeichen. (Mi.–Sa. 12–18, Unter den Linden 6)