… ERZBISCHOF STERZINSKY?
: Gebete brauchen

Eigentlich passt er gar nicht in diese laute, unfromme und etwas verrückte Stadt: Georg Kardinal Sterzinsky, der Erzbischof von Berlin, gehört zu den sehr ruhigen, sehr bedachten, ja stillen Menschen im Lande – vielleicht deshalb hatte man in den vergangenen Jahren stets den Eindruck, dass er genauso fremdelt mit der Stadt wie sie mit ihm.

Dennoch sollte nun mit einem Festgottesdienst seines 75. Geburtstages am kommenden Mittwoch gedacht werden. Aber daraus wird nichts. Sterzinsky ist im Krankenhaus, und nach allem, was man hört, geht es ihm nicht gut. Die knapp 400.000 Katholiken seines Bistums, das sich bis Vorpommern erstreckt, hören Appelle, für ihn zu beten – einige tun das sicherlich gerne.

Denn alles in allem ist unter seinen Katholiken in den vielen Jahren seines Bischofsamtes an der Spree zwar keine große Liebe, so doch wenigstens Respekt gewachsen für diesen stillen, frommen Mann. Sterzinsky war gerade Erzbischof von Berlin geworden, als die Mauer fiel. Zuvor hatte er im kleinen katholischen Milieu der DDR seinen Weg als Priester gemacht, nicht spektakulär, aber offenbar durchaus standhaft. Von 1966 bis 1981 war Sterzinsky Pfarrer in einer der größten katholischen Gemeinden der DDR, in der Kirche St.-Johannes-Baptist in Jena. Als apostolischer Verwalter im Kirchengebiet Erfurt-Meiningen, vor allem aber als Mitglied der Berliner Bischofskonferenz lernte er das harte Verhandeln mit den DDR-Oberen, die der Kirche meist sehr feindlich gegenüberstanden. Insofern war er gut vorbereitet, als er nach Mauerfall und Regierungsumzug der Oberhirte der Hauptstadt wurde.

Meriten verdiente sich Sterzinsky seitdem mit seinem Engagement für die Migrations- und Asylpolitik, in der er erstaunlich progressiv ist. Und dass er die eigene Schuld für die Finanzmisere seines Bistums zugab und sich dafür entschuldigte, diese Demut ehrt ihn.

Überhaupt: Mit der christlichen Tugend der Demut tat sich Sterzinsky nie schwer, auch wenn dies in einer Mediendemokratie nicht gerade der sicherste Weg ist, um öffentliche Aufmerksamkeit für seine Sache zu erringen. Sterzinsky hat nun, wie es die Pflicht erfordert, dem Papst vor dem nahen 75. Geburtstag ein Rücktrittsgesuch nach Rom geschickt. Es liegt am Papst, ob er es annimmt. Gut möglich, dass er es erst tut, wenn Papst Benedikt XVI. im September selbst die deutsche Hauptstadt besuchen wird. Das würde dann der eigentliche Festgottesdienst zu Sterzinskys Ehren sein. GES Foto: ap