Schuh and the City

„Verrückt nach Clara“ (ProSieben, 20.15 Uhr) dreht sich um eine Thirtysomething-Journalistin mit Schuhtick. Und alles, alles ist geklaut

„Lila Wildledersandalensind wie die erstenSchmetterlinge, dieman im Frühjahr sieht“

VON KATHARINA SÖCHTIG

Eine moderne Frau Ende 20 ist meist Single, kauft für ihr Leben gerne Schuhe und vergreift sich bei Kummer an überdimensionalen Double-Chocolate-Brownies. Ihr Liebesleben – es geht natürlich um die Suche nach dem perfekten Mann – ist äußerst kompliziert und chaotisch und wird wahlweise mit der besten Freundin oder dem schwulen besten Freund besprochen.

Klingt irgendwie bekannt? So nach US-Kultserien wie „Sex and the City“ oder der schon 2005 versendeten ProSieben-Adaption „Alles außer Sex“, die ziemlich floppte? Stimmt. Doch beim „We love to entertain you“-Kanal (ProSieben-Eigenwerbung) haben sie weiteren Bedarf an sexy Liebesgeschichten mit weiblicher, unter Schuh-Fetisch-leidender Protagonistin in bezaubernder Großstadtkulisse ausgemacht. Heute Abend läuft also „Verrückt nach Clara“. In acht Teilen wird das bewegte Leben der 29-jährigen Journalistin Clara Scheller geschildert. Clara (Julia-Maria Köhler) ist jung, attraktiv und lebt in der zumindest im Fernsehen überaus glamourösen Metropole Berlin. Sie teilt sich ihre Wohnung – klischeesicher ein Altbau in Berlin-Mitte – mit dem gut aussehenden Paul (Sascha Göpel). Der ist schwul, und beide arbeiten bei demselben hippen Hochglanzmagazin, für das die modebewusste Großstädterin Clara eine wöchentliche Gesellschaftskolumne schreibt. Bei den Kollegen geben sie vor, ein Paar zu sein: Clara, damit nicht jeder ahnt, dass sie Single ist. Und Paul, weil niemand wissen soll, dass er auf Männer steht. Doch eigentlich sind beide nur auf der Suche nach Mr. Right, „einem testosterongesteuerten Prachtexemplar“, wie es die verträumte Clara in einem ihrer forscheren Momente formuliert.

Wenn Clara nicht gerade arbeitet, sitzt sie also in gestylten Cafés und beobachtet Männerpos, schaut Popcorn-essend Liebesfilme mit Paul, heult sich bei ihrer besten Freundin über ihr Liebesleben aus oder frönt ihrer wahren Leidenschaft, der Jagd nach Schuhen. Erzählt wird all das als innerer Monolog im Stil eines Tagebuches, wie ihn schon „Sex and the City“-Kolumnistin Carrie pflegte. Dabei kommen allerdings derart erhellende Offenbarungen heraus, dass das amerikanische Vorbild nicht mithalten kann: „Für ein Stadtmädchen wie mich sind zwei lila Wildledersandalen, die man aus ihrem Seidenpapier befreit, wie die ersten Schmetterlinge, die man im Frühjahr sieht.“

Dass bei so viel TV-Lyrik auch der Serientitel eher schlicht aus der Filmwelt USA („Verrückt nach Mary“) geklaut ist, wundert da kaum. Eher schon, dass „Verrückt nach Clara“ so etwas wie die Adaption der Adaption darstellt. Denn Vorbild für die ProSieben-Produktion ist die französische Erfolgsserie „Clara Sheller“, die 2005 beim öffentlich-rechtlichen französischen Fernsehsender France 2 zu sehen war. Und jene Kolumnistin Clara Sheller war natürlich die Paris-Version der New Yorker Kolumnistin Carrie.

Natürlich ist es erfreulich, dass sich ProSieben wieder stärker deutschen Eigenproduktionen zuwendet. Doch zeigt sich wieder einmal, dass die hinter „Verrückt nach Clara“ stehende Produktionsfirma Teamworx bei Serien kein ganz so glückliches Händchen hat. Denn das vermeintlich Eigene erweist sich eben als eine Aneinanderreihung von Zitaten und Klischees aus Serien-Vorbildern, bei der selbst Hintergrundmusik und Outfits der Darsteller kopiert werden.