Mehr Truppen für Irak

AUS WASHINGTON ADRIENNE WOLTERSDORF

Mehr Soldaten in den Irak und ein soziales Förderprogramm für die Bevölkerung – die neue Irakstrategie des US-Präsidenten George W. Bushs war bereits vor ihrer offiziellen Präsentation in die Öffentlichkeit gesickert. Obgleich zu Redaktionsschluss Bush seine „Der neue Weg vorwärts“ betitelte TV-Rede noch nicht gehalten hatte, galt es bereits Tage zuvor als sicher, worum es gehen würde. Wie US-Senatoren den Medien berichteten, bildet die Entsendung von 20.000 zusätzlichen Soldaten in die irakische Kriegsregion den Kernpunkt von Bushs neuer und umstrittener US-Strategie. Zudem will er ein Jobprogramm für Iraker im Umfang von bis zu einer Milliarde Dollar (rund 770 Millionen Euro) auflegen.

US-Medienberichten zufolge beabsichtigt Bush zudem, der Regierung von Ministerpräsident Nuri al-Maliki in Bagdad auch eine Reihe von politischen und wirtschaftlichen Zielvorgaben zu machen. So sollen die Sunniten stärker in die Regierung eingebunden werden. Bush verfolge damit das Ziel einer graduellen Verantwortungsübergabe an die irakischen Sicherheitskräfte. Diese sollen bis November die „operationelle Kontrolle“ über das Land übernehmen, hieß es. Dazu soll die Zusammenarbeit zwischen US-Truppen und irakischen Sicherheitskräften verbessert werden.

Es wurde erwartet, dass Bush zudem den Startschuss zu einer neuen Initiative der USA für die Friedensverhandlungen im Nahen Osten geben würde. US-Außenministerin Condoleezza Rice soll am Freitag zu Gesprächen über den Nahost-Konflikt und den Irak in die Region reisen.

Bush, der Grundzüge seines Plans bereits zu Beginn der Woche im US-Senat vorgestellt hatte, wird mit Widerstand von Seiten der Demokraten rechnen müssen. Die hatten nach ihrem Wahlsieg im November versprochen, die gegenwärtig 132.000 Soldaten zählenden Streitkräfte schrittweise aus dem Irak abziehen zu wollen. Bushs Rede werde „klar zeigen, dass er in diesem Krieg eine Eskalation anstrebt“, sagte der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Harry Reid. Eine solche Eskalation werde von den US-Bürgern nicht unterstützt. Der demokratische Senator Ted Kennedy betonte, eine vernünftige Lösung des Konflikts könne „wie in Vietnam“ nur politischer, nicht militärischer Natur sein. Er kündigte an, dass es keine Bewilligung für die von Bush beantragten Militärausgaben über 100 Milliarden Dollar für die Truppenverstärkung im Irak geben werde.

Um ihre Opposition bei dem, was ein erster Belastungstest zwischen Kongress und Administration werden könnte, schon mal deutlich zu zeigen, wollten die Demokraten im US-Kongress gestern eine symbolische Abstimmung über Bushs Pläne abhalten. Die Meinungen zur künftigen Irakstrategie gehen jedoch auch innerhalb des demokratischen Lagers auseinander. Eine direkte Einflussmöglichkeit auf die Irakpolitik hat der Kongress nicht.

Auch das Oberkommando der US-Armee ist nur mäßig von Bushs Plänen überzeugt. Die Armeeführung habe dem Plan „nur widerwillig“ zugestimmt, nachdem der Präsident gleichzeitige politische und wirtschaftliche Anstrengungen in Aussicht gestellt habe, berichtete die Washington Post. Das Oberkommando befürchte, dass Iraks Ministerpräsident al-Maliki nicht in der Lage sei, die militärischen und politischen Bedingungen für einen Rückzug der US-Truppen zu schaffen.

Aus dem Pentagon verlautete, die ersten zusätzlichen Truppen würden noch in diesem Monat von Kuwait in den Irak verlegt. Bushs Berater Dan Bartlett sagte am Mittwoch in einem TV-Interview, der Präsident werde aber auch klarmachen, dass das US-amerikanische Engagement im Irak nicht unbegrenzt sei und auf militärischem, politischem und wirtschaftlichem Gebiet Meilensteine erreicht werden müssten.