: „Weniger ist mehr“
Fest „Die Krümel“, eine der ältesten privaten Kindergruppen, wird 40. Die Leiterin erzählt
■ 57, Erzieherin, hat vor 31 Jahren bei den Krümeln angefangen, seit 30 Jahren leitet sie die Kindergruppe.
taz: Frau Johannes, was hat sich in den 30 Jahren, die Sie den Job schon machen, verändert?
Elke Johannes: Am auffälligsten ist, dass es für Eltern schwieriger geworden ist, sich an der Vereinsarbeit zu beteiligen. Früher waren das ja oft Studierende, heute sind alle berufstätig und sehr eingespannt. Und bei uns kochen die Eltern sogar noch selbst – das ist nicht immer einfach.
Aber Sie finden immer jemand, der die Vorstandsarbeit macht?
Ja, die derzeitige Vorsitzende war früher selbst als Kind hier.
Die Erwartungen an Kindergärten sind gestiegen, sie sollen heute eine Bildungseinrichtung sein, einfach spielen gilt vielen als zu wenig.
Ich muss die Eltern manchmal bremsen. Die wollen immer noch mehr an Angeboten, Englisch zum Beispiel. Aber meistens verstehen die Eltern recht schnell, dass weniger mehr ist.
Bei Ihnen gibt’s keine Bildung?
Doch natürlich, immer schon. Aber ich mache keine Projektarbeit nach dem Motto: „So, Kinder, heute nehmen wir mal das Thema Honig durch“. Das entwickelt sich aus dem heraus, was die Kinder gerade interessiert. Vielleicht fragt jemand beim Frühstücken danach. Wichtig ist einfach, nah dran am Kind zu sein – und im richtigen Moment zur Stelle, damit sie sich das Wissen holen können, was sie gerade brauchen.
Wenn Sie bei einem großen Träger arbeiten würden, würden Sie nach 30 Jahren wesentlich mehr verdienen als bei einem Elternverein.
Stimmt. Aber in so einem großen Betrieb würde mir die Nähe zu Eltern und Kindern fehlen.
Wie haben sich Eltern verändert?
Ich habe manchmal den Eindruck, dass es früher wichtiger war, den Kindern Werte und Sozialverhalten zu vermitteln, so etwas wie Rücksichtnahme. Heute erlebe ich oft, dass sich Eltern von Kindern sagen lassen, wo es lang geht. Dabei brauchen Kinder auf ihrem Weg auch etwas wie eine seitliche Begrenzung, sonst fehlt ihnen eine Orientierung, das macht viele hilflos. INTERVIEW: EIB
ab 11 Uhr, Heinrich-Hertz-Straße 21