Spätes Tor auf Matschboden

FRAUEN-FUSSBALL Im Spitzenspiel gegen den FCR Duisburg stellt Turbine Potsdam mal wieder Effizienz unter Beweis und hat nun beste Chancen auf den Meistertitel

„Hut ab, ihr habt wieder wunderbaren Fußball gespielt“

BERND SCHRÖDER, TRAINER VON TURBINE POTSDAM, BOHRT NACH DEM SPIEL NOCH EIN WENIG IN DUISBURGER WUNDEN

AUS POTSDAM JOHANNES KOPP

Eigentlich war es wie immer, wenn die Fußballerinnen von Turbine Potsdam und dem FCR Duisburg in Babelsberg aufeinandertreffen. Turbine-Trainer Bernd Schröder und seine Duisburger Kollegin Martina Voss-Tecklenburg bekunden hinterher, wie freundschaftlich sich die beiden Vereine verbunden fühlen und dass man wieder ein Spiel auf Augenhöhe erlebt habe, das diesmal knapp zugunsten der Potsdamerinnen entschieden wurde. „Hut ab, ihr habt wieder wunderbaren Fußball gespielt“, süßholzraspelte Schröder in Richtung Voss-Tecklenburg. Dass diese nur gezwungen lächelte, war allzu verständlich. „Etwas glücklich“, wie Schröder eingestand, gewann Turbine am Sonntag vor 1.520 Zuschauern mit 1:0 durch ein spätes Tor von Anja Mittag in der 84. Minute und hat nun als gefestigter Tabellenführer beste Aussichten, zum dritten Mal in Folge Deutscher Meister zu werden.

Lediglich der Termin dieses Spiels war etwas ungewöhnlich. Grund dafür ist der große Traum vom WM-Titel. Bei Sonnenschein und blauem Himmel soll im Sommer ein perfekt vorbereitetes Nationalteam Fußball-Weltmeister im eigenen Land werden. Und dafür müssen eben die entscheidenden Spiele um die Deutsche Meisterschaft schon jetzt bei Wind und Wetter im Winter ausgetragen werden. So wurde im Babelsberger Karl-Liebknecht-Stadion auf einem völlig durchweichten und matschigen Untergrund gespielt. Bedenkt man, dass Turbine im Dezember noch im Tiefschnee schlitternd gegen Wolfsburg gewann und sich Duisburg vorige Woche auf hart gefrorenem Grund ein 1:0 beim FFC Frankfurt erstolperte, waren die Bedingungen am Sonntag gar nicht mal schlecht. Trotz des schweren Stands, den die Spielerinnen hatten, entwickelte sich anfangs ein recht ansehnliches Fußballspiel.

Das war auch deshalb nicht unbedingt zu erwarten, weil in dieser Partie die Vorentscheidung im Kampf um den Meistertitel auf dem Spiel stand. Die großen drei der Frauen-Bundesliga Frankfurt, Duisburg und Potsdam treffen nämlich nicht mehr aufeinander.

Von Beginn an drängten beide Teams offensiv auf ein frühes Tor. Etwas gefährlicher präsentierten sich dabei die Duisburgerinnen. Inka Grings, die vor dem Spiel mit 20 Toren die Torschützenliste der Bundesliga anführt, hatte zweimal die Führung auf dem Fuß. Das eine Mal scheiterte sie am Pfosten (18.), das andere Mal (21.) an der Potsdamer Torhüterin Anna Felicitas Sarholz. Für Turbine verfehlte Bianca Schmidt per Kopf nur knapp das Tor (23.).

Im Verlaufe der zweiten Halbzeit konnte Potsdam jedoch seine athletischen Vorteile ausspielen. „Wir haben versucht mehr draufzugehen, damit die mehr Fehler machen“, erklärte Schröder hinterher. Allerdings kam Potsdam trotz größerer Präsenz in der gegnerischen Hälfte zu keinen weiteren Chancen, weshalb die Duisburger Trainerin hernach klagte: „Schade, dass ein einziger Fehler von uns bestraft wird. Das ist bitter, wenn man so einen großen Aufwand betreibt wie wir.“ Bis zur 84. Minute hatten die Potsdamerinnen die Duisburger Ersatztorhüterin Christina Bellinghoven nicht einmal ernsthaft auf die Probe gestellt. Erst durch einen Stellungsfehler ihrer Abwehr tauchte völlig unerwartet Viola Oderbrecht vor dem Duisburger Tor auf. Die konnte Bellinghoven zwar noch recht rabiat stoppen – doch die einschussbereite Anja Mittag musste den Ball nur noch über die Linie drücken.

Es sei genau das Szenario eingetreten, vor dem man sich zuvor gefürchtet hätte, erklärte Voss-Tecklenburg. Potsdam hat sich in dieser Saison durch seine hohe Effizienz einen Schreckensruf in der Liga erarbeitet. Fünf Spieltage vor dem Saisonende führt Turbine die Liga mit 43 Punkten vor Frankfurt (42) und Duisburg (38) an. Als vorentscheidenden Schritt zum deutschen Meistertitel wollte Schröder den Sieg am Sonntag aber nicht bewerten: „Wir haben noch ein schweres Spiel in Bad Neuenahr.“ Das findet in zwei Wochen statt. Mitte Februar könnte also der neue Deutsche Meister so gut wie feststehen.

Die Duisburgerinnen werden dafür noch Gelegenheit haben, sich für die Niederlage zu revanchieren. Sowohl im DFB-Pokal als auch in der Champions League treffen beide Teams vermutlich im Halbfinale wieder aufeinander. Und bei diesen Begegnungen, bekundete Martina Voss-Tecklenburg, wolle sie nicht nur auf Augenhöhe mit Potsdam sein, sondern auch einmal als Siegerin den Platz verlassen.