„Gerne übersehen“

GEDENKEN Ein Vortrag mit Buch-Premiere beleuchtet die Geschichte der Bremer Holocaust-Denkmäler

■ 32, ist Lehrer in Blumenthal und hat sich in seiner Staatsexamensarbeit mit den Bremer Holocaust-Denkmälern befasst.

taz: Wie viele Holocaust-Denkmäler gibt es in Bremen, Herr Lohse?

Jürn Jakob Lohse: 13. Wobei die Holocaust-Denkmäler und solche für die KZ-Opfer nicht immer scharf zu trennen sind.

Und wann sind die entstanden?

Zunächst gibt es zwei in den Fünfzigern errichtete Ehrenmale auf Friedhöfen. Dann passierte lange Zeit nichts – bis 1978, als der Film „Holocaust“ zu sehen war. Damals wurde ein Denkmal für die zerstörte Synagoge in Aumund errichtet. Bis 1988 entstanden dann sehr viele Gedenktafeln, steine und Denkmäler.

Und seither?

Es starben immer mehr Überlebende des Holocaust, das Gedenken wurde an die nächste Generation weitergegeben und die Deportation rückte mehr in den Vordergrund. Dann wurde vor der JVA ein Oslebshausen ein Gedenkstein errichtet, später kamen Tafeln an den Sammelstellen am Barkhof, am Leibnizplatz und am Hauptbahnhof dazu.

Für die nicht-jüdischen Opfer…

… ist das Projekt „Stolpersteine“ ganz wichtig. Wichtig ist, dass Denkmäler zum Gedenken genutzt werden und nicht einfach nur “rumstehen“.

Fehlt aus Ihrer Sicht heute eine Gedenktafel?

Vieles wird inzwischen von den Stolpersteinen abgedeckt. Allerdings: Es gab eine recht große jüdisch-polnische Gemeinde in Bremen, die gerne übersehen wird. 1938 wurden diese Menschen als Erste ausgewiesen, aber auch in Polen nicht angenommen. Als sie wieder zurückkamen, wurden sie dann sofort abtransportiert. Diese ultraorthodoxe Gemeinde hatte einen Betraum in Sebaldsbrück am Bahnhof. Da gibt es bis heute kein Denkmal. INT.: MNZ

19 Uhr, Zentralbibliothek, Wallsaal Das Buch „Geschichte im öffentlichen Raum. Denkmäler in Bremen zwischen 1435 und 2001“ ist im Donat-Verlag erschienen