Marcelinho, Ex-Bester in der Bundesliga
: Die Queen in Wolfsburg

Nach dem monatelangen Possenspiel um die argentinische Dribbeldiva Andres d’Alessandro hat sich der VfL Wolfsburg jetzt schon wieder einen Spielmacher geholt, der in der Vergangenheit mehr handfeste Skandale als Scorerpunkte für sich verbuchen konnte. Und so wird die farbenfrohe Berliner Discoqueen Marcelinho bereits vollmundig und mit gewohnt niedersächsischem VW-Understatement zum Heilsbringer erklärt. Fast drei Millionen Euro hat Manager Klaus Fuchs dann auch für das Heilsbringen locker gemacht. Und für einen, natürlich, „echten Meilenstein“ – so Fuchs bei der Bekanntgabe seines größten Coups – in der Bundesligahistorie des VfL.

Ein Wolfsburger Wahnsinnstransfer halt. Das alles klingt vertraut. Nach d’Alessandro halt. Vor allem aber nach dem PR-Gag Stefan Effenberg. Denn wie dessen Verpflichtung ist der Transfer des mittlerweile auch schon 31-jährigen Brasilianers, der fast wöchentlich die Farbe von Schuhwerk und Frisur wechselt, vor allem eines: ein Versuch, dem grauesten Wolf der Fußballbundesliga mit aller Gewalt ein buntes Kostüm überzustreifen. Nebenbei soll das ehemalige Mitglied der Seleção dem ideenarmen Offensivspiel der Wölfe neues Leben einhauchen.

Doch wie einst Effe zehrt Marcelinho heute von längst verwelkten Lorbeeren. Bei Hertha Berlin wirkte er in seiner letzten Saison wie ein Fremdkörper. Aus dem Spaß- war ein Zeitlupenfußballer geworden, der Bälle unnötig verschleppte, und immer öfter Dienst nach Vorschrift verrichtete. Dabei schaute der Mann aus Campina Grande immer so gequält drein wie ein Junge, der zum Spielen in die Kälte geschickt wurde. Dazu kamen Discoschlägereien und Finanzprobleme mit zwielichtigem Hintergrund. Schließlich verließ er Berlin mit viel Getöse in Richtung Türkei.

Doch auch unter der Sonne Trabzons suchte man vergeblich nach dem Marcelinho, der einmal bester Spieler der Bundesliga war und in einer einzigen Saison allein mehr Tore erzielte als alle Wolfsburger zusammen. Dazu gab es ein paar geschwänzte Trainingseinheiten und Extrawürste. Die Türken dürften froh sein, den Exzentriker los zu sein, der aus seinen Fehlern in der Vergangenheit nichts gelernt zu haben scheint. Der damit doch irgendwie bestens passt zu Fuchs und seinen Wölfen. Lucas Vogelsang