Festtage im Nordwesten

Drei der besten deutschen Basketballteams kommen aus der nordwestdeutschen Provinz, wo sie den anderen Sportarten längst den Rang abgelaufen haben. Ein Derby wird da zum echten Ereignis

Von ULRICH BERNSTORF

Samstagabend in Quakenbrück. Die ganze Stadt scheint auf den Beinen. Knapp 13.000 Einwohner hat das Herz der Samtgemeinde Artland auf halber Strecke zwischen Oldenburg und Osnabrück. Und sie hat ein Bundesligateam. Die Spiele der Artland Dragons gelten als Erlebnis, das Derby gegen die Oldenburger EWE Baskets ist seit Monaten ausverkauft.

Die Spannung ist mit den Händen zu greifen. Wer wird auflaufen? Bei den Dragons drohen drei bis vier der wichtigsten Akteure auszufallen. Wie werden die Baskets den Verlust von Tyron McCoy verkraften? Die Mannschaften kennen sich, stets bestreitet man in der Saisonvorbereitung einige Spiele, die Trainer pflegen eine Freundschaft unter Gentlemen. Erleichterung dann auf den Rängen der Gastgeber, als die starting five auf dem Feld stehen: Alle sind rechtzeitig fit geworden.

Die Gäste zeigen sich zunächst unbeeindruckt. Sechs Tage zuvor haben sie den anderen Nachbarn, Bremerhaven, in eigener Halle bezwungen. Die Verteidigung erwirkt schnell einen Vorsprung, der noch bis zur Pause hält. Doch dann legen die Dragons die Nervosität ab und gehen in Front. Jetzt ist es ein echtes Derby, der Lärm in der Arena wird ohrenbetäubend. Was Wirkung zeigt auf die Oldenburger: Hier verlässt sich zunehmend einer auf den anderen. Ganze acht Punkte bringen sie im dritten Viertel zustande. Der am Meniskus operierte McCoy muss von der Bank aus mit ansehen, wie auf der anderen Seite Filiberto Rivera in bestechender Form seine Mitspieler in Szene setzt. Im letzten Viertel halten die Gastgeber den Vorsprung und lassen sich nach der Schlusssirene feiern. Wieder mal ein Festtag im Artland.

In der vierten Erstligasaison ist die Mannschaft von Chris Flemming mittlerweile eine Macht. Im vergangenen Jahr reichte es für Platz fünf und ein denkwürdiges Play-Off-Duell mit den Eisbären Bremerhaven, dem Newcomer und dritten im Bunde der Liga-Nordwestriege. Eine Entwicklung, die so mancher der Liga-Oberen mit Skepsis verfolgt, denn im Sinne besserer Vermarktung dachte man eher an eine Expansion in die Großstädte. Doch die bodenständige und solide Arbeit der Verantwortlichen hat die drei Provinzteams etabliert. Das Quakenbrücker Wunder hat der ehemalige Junioren-Nationalspieler Günter Kollmann ermöglicht. Der schwerreiche Textilunternehmer investierte über Jahre erhebliche Summen in sein Team und stellte rechtzeitig zum Aufstieg sicher, dass es eine neue bundesligataugliche Halle bekommt. Alles aus purer Basketballverrücktheit, so heißt es.

Da muss man im benachbarten Oldenburg schon aufpassen, nicht ins Hintertreffen zu geraten. Der regionale Energieversorger EWE investiert mehr als drei Millionen Euro pro Jahr in die Mannschaft, die es in den vergangenen vier Jahren stets unter die ersten acht und damit in die Play-Offs geschafft hat. Auch in Oldenburg gibt es eine neue Arena, deren Architektur bereits die gehobenen Ansprüche unterstreicht, die das Team erfüllen soll. Schwierigkeiten bereiten die häufigen Wechsel: Nur drei Spieler des Kaders aus dem Vorjahr sind noch dabei. Elf neue kamen, ebenso viele verließen den Club.

Die meist US-amerikanischen Profis sind Wandervögel, immer auf der Suche nach guten Angeboten in ganz Europa oder auch in Asien. Dies bedeutet alljährliche Aufbauarbeit für Headcoach Don Beck. Als zu Saisonbeginn der in die Jahre gekommene McCoy für Wochen ausfiel, legten die Baskets mit fünf Pleiten einen echten Fehlstart hin. Mittlerweile haben sie sich wieder an die Play-Off-Plätze herangearbeitet. Man übt sich in Zuversicht: Das Team habe genug Qualität, auch in diesem Jahr die Hauptrunde zu überstehen. Und im Viertelfinale darf es dann gerne ein Derby sein.