Mubarak macht Zugeständnisse

ÄGYPTEN Präsident Mubarak will die Verfassung überarbeiten und die Gewalt gegen Demonstranten untersuchen lassen. Deutsche Politiker sprechen sich dafür aus, den ägyptischen Präsidenten in Deutschland aufzunehmen

Die Demonstranten fordern weiterhin Mubaraks Rücktritt. Gleichwohl kehrt Kairo allmählich zum Alltag zurück

KAIRO afp/dapad | Unter dem anhaltenden Druck der Straßenproteste hat der ägyptische Präsident Husni Mubarak weitere Zugeständnisse gemacht. Der Staatschef ordnete am Dienstag die Überarbeitung der Verfassung und eine Untersuchung der Gewalt an und sprach sich für die Fortsetzung des Dialogs aus.

Mubarak unterzeichnete ein Dekret zur Einsetzung einer Kommission zur Überarbeitung der Verfassung, wie Vizepräsident Omar Suleiman im Staatsfernsehen mitteilte. Dies war am Sonntag bei Gesprächen mit Oppositionsvertretern vereinbart worden. Vergangene Woche hatte Mubarak erklärt, im September nicht mehr zur Wahl antreten zu wollen, und eine Änderung der umstrittenen Verfassungsartikel 76 und 77 zur Debatte gestellt. Diese setzen hohe Hürden für die Präsidentschaftskandidatur und erlauben dem Präsidenten eine uneingeschränkte Zahl an Amtszeiten.

Als weiteres Signal des Entgegenkommens ordnete der Präsident die Einsetzung einer Kommission zur Untersuchung der Gewalt gegen die Demonstranten an. Die Kommission solle die „schreckliche und inakzeptable“ Gewalt am vergangenen Mittwoch auf dem Tahrir-Platz untersuchen, die zu „unschuldigen Opfern unter den Demonstranten“ geführt habe. Zahlreiche Menschen waren vergangene Woche getötet worden, als Anhänger Mubaraks gegen die Regierungsgegner vorgingen. Dabei waren Vorwürfe laut geworden, bei den Mubarak-Anhängern handele es sich um bezahlte Schlägertrupps.

Mubarak sprach sich außerdem für eine Fortsetzung des am Sonntag begonnenen Dialogs mit der Opposition aus. Dieser solle ermöglichen, „einen genauen Zeitplan für eine friedliche und organisierte Übergabe der Macht unter Achtung der Verfassung“ zu erarbeiten, wie Suleiman erklärte. Am Montag hatte Ministerpräsident Ahmed Schafik nach der ersten Sitzung des neuen Kabinetts, das infolge der Proteste umgebildet worden war, erklärt, dass die Löhne von Staatsbediensteten sowie alle Renten zum 1. April um 15 Prozent erhöht würden.

Die Hunderttausende, die auch am Dienstag in Kairo wieder auf die Straße gingen, zeigten sich aber unbeeindruckt von diesen Ankündigungen. Über der Zeltstadt auf dem Tahrir-Platz stand auf einem Transparent: „Das Volk fordert den Rücktritt des Regimes“. Allerdings kehrte der Rest Kairos allmählich zum Alltag zurück. Die meisten Geschäfte waren wieder geöffnet.

Mehrere deutsche Politiker sprachen sich dafür aus, Mubarak einen Aufenthalt in Deutschland zur medizinischen Behandlung zu gewähren. „Die Bundesregierung sollte Mubarak diskret signalisieren, dass er nach Deutschland kommen kann, wenn er das will“, sagte der Europa-Abgeordnete Elmar Brok (CDU) der Frankfurter Rundschau. Der FDP-Außenpolitiker Rainer Stinner warb in der Zeitung ebenfalls für ein solches Angebot, lehnte es aber ab, Mubarak offiziell Exil zu gewähren.

Nach tagelangem Zögern bezog die US-Regierung erstmals deutlicher Position und sprach sich gegen einen sofortigen Rückzug Mubaraks aus. Die Umsetzung dieser zentralen Forderung der Demonstranten könne einen Rückschlag für den demokratischen Prozess bedeuten. Außenministeriumssprecher P. J. Crowley sagte am Montag in Washington, Neuwahlen innerhalb von 60 Tagen seien ein schwieriges Unterfangen. Bis Ägypten freie und faire Wahlen abhalten könne, müsse noch viel getan werden. Zugleich mahnte er, dass die Gespräche zwischen Regierung und Opposition umfassender werden müssten. Es gebe immer noch Gruppen, die bei den Verhandlungen nicht vertreten seien. Crowley erklärte, Neuwahlen innerhalb der nächsten acht Monate seien machbar.

Die Arbeit von Journalisten bei der Berichterstattung über die Revolte in Ägypten wird nach Angaben des Komitees zum Schutz von Journalisten (CPJ) weiter behindert. Am Dienstag sei ausländischen Reportern ohne Akkreditierung der Zugang zum Tahrir-Platz verweigert worden, berichtete die in New York ansässige Organisation. Die Soldaten hätten Journalisten festgenommen und ihre Ausrüstung beschlagnahmt. Seit dem 30. Januar gab es dem CPJ zufolge mindestens 140 direkte Angriffe auf Journalisten, die über die Unruhen berichten wollten.