Gebrochenes Versprechen

FLÜCHTLINGE Abschiebung am Morgen: Landkreis Hildesheim reißt erneut Familie auseinander

Familien würden bei Abschiebungen künftig nicht mehr auseinander gerissen: Das versprach, unter dem Eindruck von Protesten, vor sechs Jahren der Hildesheimer Landrat Reiner Wegner (SPD). Zuvor hatte der Landkreis die schwangere Kurdin Gazale Salame und ihre kleine Tochter in die Türkei abgeschoben – als ihr Mann gerade die älteren Kinder zur Schule brachte.

Trotz des damaligen Versprechens rückten am Morgen des 1. Februar Polizisten mit Hunden vor dem Haus der kurdisch-yezidischen Familie Naso in der Ortschaft Giesen an. Sie nahmen den 62-jährigen Vater, seine Ehefrau und den 15-jährigen Sohn Anuar fest. Zurück blieb die 18-jährige Tochter. Die Mutter erlitt einen Schwächeanfall und musste in ein Krankenhaus gebracht werden. Vater und Sohn wurden noch am selben Nachmittag nach Syrien geflogen, wo sie sich nach Aussagen der Familie in Haft befinden.

Familie Naso kam 2001 nach Deutschland. Als staatenlose Kurden erhielten die Flüchtlinge zunächst Duldungen. Ein Asylverfahren endete 2004 mit der Ablehnung. Später fanden die Behörden heraus, dass die Ehefrau falsche Angaben gemacht hatte und in Wirklichkeit syrische Staatsbürgerin ist.

Vor der Abschiebung will die Ausländerbehörde geprüft haben, ob Anuar Naso als gut integriertem Jugendlichen eine Aufenthaltsperspektive eröffnet werden könnte. Eine positive Integration habe man aber nicht feststellen können.

Tatsächlich heißt es in einem Aktenvermerk des Landkreises vom 20. Januar, seine Lehrerin habe bescheinigt, „dass Anuar den Hauptschulabschluss wohl erreichen wird, so dass von einem erfolgreichen Schulbesuch auszugehen ist“. Aber: Es sei „nicht davon auszugehen, dass Anuar Naso sich in die hiesigen Lebensverhältnisse dauerhaft vollständig einfügen wird“. RP