Kuchen und Kontakte

Der gestern verstorbene Rudolf August Oetker baute seine Bielefelder Backstube zum Nahrungsmittelimperium aus

Seinen Nachnamen kennt wohl jedes Kind. Rudolf August Oetker war das Oberhaupt einer der erfolgreichsten deutschen Unternehmerfamilien. Gestern starb der Grandseigneur des Bielefelder Nahrungsmittelimperiums im Alter von 90 Jahren.

1916 in Bielefeld geboren, wächst Oetker in eine kleine, ambitionierte Firma hinein. Besonders in den 30er und 40er Jahren kann das 1891 von seinem Großvater August gegründete Unternehmen wachsen. Seinen Erfolg verdankt es nicht allein der Idee Augusts, Backpulver in kuchengerecht portionierten Tütchen zu verkaufen. Geschäftsfördernd sind auch die Kontakte von Rudolf August Oetkers Stiefvater Richard Kaselowsky, dem seinerzeitigen Leiter der Oetker-Werke, zu den NS-Machthabern. So ist Kaselowsky Mitglied im Freundeskreis des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler, gehört also zu jenen 48 SS-Männern und Industriellen, die den Massenmörder auch finanziell unterstützen.

Auch der junge Rudolf August ist da aktiv: als Unterführer der Waffen-SS. Das Regime revanchiert sich. Hitler persönlich ernennt das Unternehmen zum Musterbetrieb. Back- und Puddingpulver von „Dr. Oetker“ wird zur Verpflegung an die Front geschickt. 1944 sterben bei einem US-Luftangriff Rudolf Augusts Mutter Ida und auch Kaselowsky. Der 28-jährige Oetker übernimmt nun die Firmenleitung. Von den einstmals 2.000 Beschäftigten der Fabrik sind nur 700 übrig geblieben. Große Teile des Fabrikgeländes sind zerstört.

Nach Kriegsende schafft es der gelernte Bankkaufmann, den Betrieb wieder aufzubauen. Bereits 1950 produziert er stolze 400 Millionen Päckchen Back- und 350 Millionen Päckchen Puddingpulver. Doch Oetkers Losung lautet, dass man „nicht alle Eier in einen Korb legen sollte“. Entsprechend kauft sich der Ostwestfale ein Konglomerat von Firmen zusammen. Er übernimmt die Mehrheit an einer Reederei, kauft Sektkellereien wie Henkell und Deinhardt, steigt ins Brauereigeschäft ein, übernimmt eine Versicherung, ein Bankhaus und Luxushotels. Und „nebenbei“ gelingt es ihm, die Nahrungsmittelmarke Dr. Oetker in ganz Europa zu etablieren. Heute beschäftigt die Oetker-Gruppe über 21.000 Mitarbeiter und verbucht einen Umsatz von sieben Milliarden Euro.

Oetker bestimmte seit 1981 die Geschicke der Firma nicht mehr unmittelbar: Mit 65 Jahren gab er die Leitung an Sohn August ab, blieb jedoch Vorsitzender des Beirates. PASCAL BEUCKER