Schulden machen Spaß

Haushalt: In Schleswig-Holstein freut sich die Regierung über eine geringere Neuverschuldung als erwartet

Auch Schulden können gute Nachrichten sein: Wenn sie nämlich geringer ausfallen als befürchtet. Gestern freute sich Schleswig-Holsteins Finanzminister Rainer Wiegard (CDU) darüber, dass das Land im Vorjahr einen frischen Schuldenberg von 855 Millionen Euro angehäuft hat – 707 Millionen weniger als die im Etat angesetzten 1,562 Milliarden Euro. „Ein erfreuliches Ergebnis, das uns starken Rückenwind für die weiteren Konsolidierungsmaßnahmen bringt“, sagte Wiegard.

Grund für das abgeschwächte Minus sind unerwartet hohe Steuereinnahmen: 513 Millionen Euro mehr als geplant flossen in die öffentlichen Kassen, bedingt durch den allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwung des vergangenen Jahres. Wiegard machte allerdings die hausgemachte „positive Wirtschafts- und Finanzpolitik des Landes“ verantwortlich.

Saniert ist der Haushalt damit natürlich noch lange nicht: Die Nettokreditaufnahme liege immer noch fast doppelt so hoch, wie es die Verfassung zulasse, teilte der Minister mit. Auch im Doppelhaushalt für 2007/2008 plant das Land neue Schulden von 1,1 und 1,2 Milliarden Euro ein. „Weitere Risiken“ bringe die Unternehmensteuerreform, sagte der Minister. Sie könnte für den Norden Mindereinnahmen zwischen 70 und 150 Millionen Euro bedeuten. Außerdem müsste für die Haushaltsjahre 2009/10 noch eine Lücke von insgesamt 900 Millionen Euro geschlossen werden.

Schon 2006 gelang es, 194 Millionen Euro durch Einsparungen oder Mehreinnahmen zu erwirtschaften. Diese Zahlen bezweifelt die Opposition: Wolfgang Kubicki (FDP), der gestern zähneknirschend den „vordergründig traumhaften“ Haushaltsabschluss 2006 lobte, wies gleich darauf hin, dass das Land wenig dafür tue, seine Ausgaben zu konsolidieren. Bereits im vergangenen Herbst hatte Kubicki im Landtag kritisiert, dass der geplante Bürokratieabbau „offensichtlich gescheitert“ sei: „Die Ministerien beharren auf ihren Pfründen. Im ersten Anlauf wurden von den knapp 52.000 Stellen der Landesverwaltung sage und schreibe 0,2 eingespart.“

Die finanzpolitische Sprecherin der Grünen, Monika Heinold, sagte gestern, die Regierung dürfe sich nicht auf den Steuermehreinnahmen ausruhen: „Von einer Haushaltskonsolidierung ist das Land weit entfernt.“ Sie plädierte für eine Gebietsreform, die Geld einspart. Die so frei werdenden Mittel müssten in Kindertagesstätten und Schulen gesteckt werden. Bisher sei die Regierung bei der Strukturreform keinen Schritt vorangekommen, kritisierte Heinold. Birgit Herdejürgen von der SPD sagte: „Wir haben zu hohe Schulden, wir zahlen zu viele Zinsen.“ Der konservative Sparansatz des Finanzministers sei aber richtig, die SPD werde ihn weiter unterstützen. Esther Geißlinger