berliner szenen Heinzelmännchen

Unordnung eingetütet

Ein paar Wochen war ich in Norddeutschland gewesen, nun kam ich wieder nach Haus. Ein paar Tage zuvor nämlich hatte mich H. in der Kleinstadt im Herzen Schleswig-Holsteins H. angerufen und komische Andeutungen gemacht.

Es ging um die französische Freundin meiner abwesenden Mitbewohnerin, der ich unbekannterweise meine Wohnung zur Verfügung gestellt hatte. Der Vater dieser Französin sei Millionär, sagte H., und dass ich wohl überrascht sein könnte von meiner Wohnung. Es gebe da Veränderungen – aber er wisse nicht, ob ich das gut oder schlecht finden würde.

Ich wusste nicht, was ich aus dieser Information machen sollte, und stellte mir irgendwas Tolles vor. Aber die Veränderungen sind viel unspektakulärer. Der zuvor noch zugemüllte Flur ist plötzlich ganz leer. Ein sperriges Demoschild – „dem fähigen Arbeiter wird gekündigt / wer kündigt dem unfähigen Manager“ –, das ich als interessantes Ready-made in die Wohnung geschleppt hatte, hat das unbekannte Heinzelmännchen als Müll in die Abstellkammer verbannt. Im Badezimmer fehlt der hässliche, provisorische Spiegel. Flaschen, die ich aus Desorganisiertheit nicht weggebracht und aus Geiz nicht weggeschmissen hatte, stecken in Tüten. Die ganzen ungeliebten Bücher und CDs, die ich im Flur geparkt hatte, stehen nun in meinem Zimmer.

All dies ist zu Recht geschehen, wie ich mir eingestehen muss. Ich war zugleich erfreut, schockiert, beschämt und wusste nicht so recht, was ich denken sollte, als ich erfuhr, dass die unbekannte Französin, die mit Spitznamen „Taifun“ heißt, tatsächlich eine Putzfrau dafür bezahlt hat, meine Wohnung in Ordnung zu bringen.

DETLEF KUHLBRODT