Die Stoiber-Formel

„Ich möchte, muss aber nicht“: Warum dieser Satz Edmund Stoibers am Ende bleiben kann – aber nicht muss

„Ich möchte, muss aber nicht“, mit dieser Formel hatte der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber sich am vergangenen Montag raffiniert in der Frage positioniert, ob er 2008 ein weiteres Mal als Spitzenkandidat der CSU antreten werde. Die ambitioniert-ambivalente Formel kündet von der erstaunlichen Entspanntheit, die Stoiber ja zeitlebens zu Eigen war. Er kann alles, er will manches, er muss nichts. Besonders gern erinnern wir uns an jenen Sonntagabend im Herbst 2002, als er bereits ein „Glas Champagner öffnen“ wollte – und es dann nicht musste.

Ob seine Formel nur für den Beruf galt, wo er wie kaum einer sonst gekonnt hätte, aber nicht musste (EU-Ratspräsidentschaft, Bundespräsidentenamt, Ministerämter) oder ob das Prinzip sogar im privaten, vor allem auch partnerschaftlichen Umgang für ihn prägend war, wird nur die Muschi und/oder Bild wissen. Zumindest diese bohemeske Formel Stoibers könnte freilich nicht nur in die Geschichte eingehen, sondern auch in den täglichen gesellschaftlichen Diskurs. Karriere? „Ich möchte, muss aber nicht.“ Ehe und Familie in den Mittelpunkt des Lebens stellen? „Ich möchte, muss aber nicht.“ Dann lieber Partnerwechsel? „Ich möchte, muss aber nicht.“ Dummschwätzen? „Ich möchte, muss aber nicht.“ Miete zahlen, Geschirr abwaschen, Schuhe ausziehen, Sitzpinkeln? „Ich möchte, muss aber nicht.“ Die Formel erweitert den Spielraum der Möglichkeiten und kultiviert gleichzeitig den respektvollen Umgang miteinander.

Was Stoibers Zukunft betrifft, so darf man gespannt sein auf den Tag, an dem der andere Herrgott ihn dereinst zu sich rufen wird. Bzw. rufen will. Was wird Stoiber antworten? PETER UNFRIED